BGH Urteil

Schimmel im Gemeinschaftseigentum

Neutral
Aktenzeichen: V ZR 203/17
Urteil vom: 04.05.2018

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 04.05.2018 (Az. V ZR 203/17) entschieden, dass einzelne Wohnungseigentümer bei erheblicher Durchfeuchtung der Wände bzw. Schimmelbefall des Gemeinschaftseigentums die Instandsetzung verlangen können. 

Gem. § 21 Abs. 4 WEG könne jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen – mit anderen Worten: ordnungsmäßiger Verwaltung – entsprechen. 

Zu der ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehöre insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Allerdings hätten die Wohnungseigentümer insoweit einen Gestaltungsspielraum; sie müssten das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen. Deshalb seien sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen. Sei jedoch die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, entspreche nur ihre Vornahme billigem Ermessen; in diesem Fall habe ein einzelner Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Durchführung.

Grundsätzlich müsse das gemeinschaftliche Eigentum jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zweck genutzt werden könne. Seien im Bereich des Gemeinschaftseigentums gravierende bauliche Mängel vorhanden, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigten oder sogar ausschließen würden, sei eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich und einzelne Wohnungseigentümer könnten die Sanierung verlangen. 

Für durchfeuchtungsbedingten Schimmel an den Wänden gelte wie folgt: Dienten Sondereigentumseinheiten zu Wohnzwecken, müssten derartige Durchfeuchtungen schon wegen der erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Wohnkomfort und Gesundheit sowie auf den optischen Eindruck des Sondereigentums beseitigt werden. Nichts anderes gelte hinsichtlich selbstständiger Teileigentumseinheiten, die als Büro oder Laden dienten. Es sei nciht maßgeblich, ob der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Aufteilung in Wohnungseigentum den geltenden technischen Anforderungen entsprochen habe.

Erheblicher Schimmelbefall müsse also nicht hingenommen werden, da der bauliche Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums jedenfalls die Verwirklichung des in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Zwecks ermöglichen müsse.

Amtliche Leitsätze



1. Ein auf Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einem Beschlussantrag (oder auf Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu der Durchführung einer bestimmten Maßnahme) gerichteter Klageantrag ist regelmäßig als Antrag auf gerichtliche Beschlussersetzung auszulegen. (Rn. 6)

2. Bei der Entscheidung über eine Beschlussersetzungsklage kommt es nach allgemeinen prozessualen Regeln darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung besteht; ob bereits bei der Ablehnung des Beschlussantrags eine Handlungspflicht der Wohnungseigentümer bestand, ist für dieses Klageziel unerheblich. (Rn. 26)

3. Grundsätzlich muss das gemeinschaftliche Eigentum jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zweck genutzt werden kann. (Rn. 10)

4. Sind im Bereich des Gemeinschaftseigentums gravierende bauliche Mängel vorhanden, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen (hier: massive Durchfeuchtungen der Wände), ist eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich und einzelne Wohnungseigentümer können die Sanierung verlangen; dies gilt auch dann, wenn die betroffenen Einheiten im Souterrain eines Altbaus belegen sind (im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 ff.). (Rn. 10 und 13 – 16)

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2018, Az. V ZR 203/17
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