BGH Urteil
Gemeinde sagt im Kaufvertrag Bebauungsplan zu
Ein Kaufvertrag, mit dem eine Gemeinde ein Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung verkauft, dass ein Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt zustande kommt, ist wirksam. Dies hat der BGH mit Urteil vom 02.10.2015 (V ZR 307/13) entschieden.
Im dem dem Urteil zu Grunde liegenden notariellen Kaufvertrag heißt es:
„Weiterhin verpflichtet sich die Verkäuferin, bis zur Fälligkeit des Kaufpreises den vorhandenen Bebauungsplan dahingehend zu ändern, dass die vorstehenden Nutzungen wie in Absatz 1 beschrieben nutzbar sind. Die Verkäuferin hat sicherzustellen, dass auf dieser Fläche eine dreigeschossige Bebauung mit einer Grundflächenzahl von 1,0 und einer Geschossflächenzahl von 1,5 möglich ist.“.
Im Raum stand ein Verstoß gegen das sog. Koppelungsverbot des § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB. Nach dieser Vorschrift sind bindende Verpflichtungen einer Gemeinde hinsichtlich der Erstellung/Änderung eines Bebauungsplans wegen des Eingriffs in ihre Planungskompetenz nichtig, die wiederum aus ihrer Selbstverwaltungsgarantie resultiert. Die beiden Vorinstanzen hatten noch in diesem Sinne entschieden und den Kaufvertrag für nichtig erklärt.
Der Bundesgerichtshof dagegen hielt den Kaufvertrag für wirksam. Er stimmte im rechtlichen Ansatzpunkt den Vorentscheidungen zu. Es sei richtig, dass vertragliche Zusagen einer Gemeinde, einen inhaltlich näher bestimmten Bebauungsplan innerhalb bestimmter Frist aufzustellen oder abzuändern, unwirksam seien. Die durch die Gemeinde nach den Maßgaben des Baugesetzbuchs vorzunehmende Abwägung erfordere eine Auseinandersetzung mit den gesetzlich vorgegebene Belangen, die grundsätzlich ungebunden und umfassend sein soll. Ein bereits durch einen Kaufvertrag vorgegebener Planinhalt würde sich als zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führende Verkürzung der gebotenen Abwägung darstellen. Eine Verpflichtung zur Verkürzung dieser Abwägung widerspreche dem zentralen Anliegen der Allgemeinheit und sei nicht nur der Gemeinde verboten, sondern auch dem Bürger oder Unternehmen, das die Gemeinde mit diesem Ziel in die Pflicht nehmen wolle.
Im konkreten Fall allerdings sei eine solche Verkürzung des gemeindlichen Planungsabwägungsvorgangs nicht gegeben. Dies gelte selbst dann, wenn eine Art indirekter Zwang ausgeübt werde, beispielsweise durch die Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs für den Fall des Ausbleibens des Bauleitplans. Dieser indirekte Zwang zu einer den Wünschen der Vertragspartner entsprechenden Bauleitplanung können den Wirkungen einer öffentlich-rechtlichen Zusage bestimmter Planungsakte nicht gleichgesetzt werden.
Dem Bemühen der Parteien, den Spielraum für zulässige privatrechtliche Vereinbarungen einzuhalten entspreche es, in der Verknüpfung der Verpflichtung zur Planänderung mit der Kaufpreisfälligkeit eine aufschiebende Bedingung des Kaufvertrags zu sehen. Die Parteien hätten damit eine echte Leistungspflicht vermeiden wollen. Der Käufer habe gerade keinen einklagbaren Anspruch auf Änderung des Bebauungsplans erhalten. Die Gemeinde habe es lediglich übernommen, die Bebaubarkeit des Grundstücks zu fördern. Ihre „Verpflichtung“, die Änderung herbeizuführen, sei deshalb keine Leistungspflicht mit einem korrespondierenden Leistungsanspruch des Käufers.
Der Bundesgerichtshof ist allerdings der Ansicht, dass sich der Käufer vom Kaufvertrag mit der Gemeinde lösen könne, wenn ihm ein weiteres Zuwarten auf die Herstellung der Bebaubarkeit des Grundstücks unzumutbar ist. Maßgeblich seien insoweit die verstrichene Zeitdauer und die Hintergründe für die Verzögerung in der Bauplanung. In diesen Fall war der Rücktritt noch nicht gerechtfertigt.