BGH Urteil

Mietereinwand gegen BK-Position innerhalb Jahresfrist

Positiv für Vermieter
Aktenzeichen: VIII ZR 148/10
Urteil vom: 12.01.2011

1. Der Mieter muss dem Vermieter innerhalb von zwölf Monaten seit Erhalt einer Betriebskostenabrechnung mitteilen, dass einzelne Betriebskosten mit Rücksicht auf eine hierfür vereinbarte Pauschale nicht abzurechnen sind.

2. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der die Verjährung begründenden Umstände (hier: fristgerechte Behebung eines Mangels bei der Antragstellung im elektronischen Mahnverfahren [Druckqualität des Barcodes]) streitig, ist die Zurückweisung der erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Verjährungseinrede als „verspätet“ nicht zu beanstanden. 

" 1. Zu Recht ist das BerGer. davon ausgegangen, dass der Kl. die geltend gemachte Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 i. H. von 1350,82 Euro zusteht.

Nach den Feststellungen des BerGer. sind die Betriebskostenpositionen, auf die die Kl. ihre Nachforderung stützt, für sich betrachtet ordnungsgemäß abgerechnet; dies stellt auch die Revision nicht in Frage. Dass die Abrechnung vom 16. 12. 2006 ursprünglich weitere Abrechnungspositionen (Heizung und Warmwasser) enthielt, die mit formellen Mängeln behaftet waren und deshalb von der Kl. später fallen gelassen wurden, führt entgegen der Auffassung der Revision nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung insgesamt. Nach der vom BerGer. zutreffend angewendeten Rechtsprechung des Senats führen formelle Mängel, die nur einzelne Kostenpositionen betreffen, nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Abrechnung, wenn diese Positionen – wie hier – unschwer aus der Abrechnung herausgerechnet werden können (Senat, NJW 2007, 1059 = NZM 2007, 244 Rdnr. 11).

Dem BerGer. ist ferner darin beizupflichten, dass der Bekl. mit seinem Einwand, wegen der vereinbarten Pauschale schulde er für die von der Kl. geltend gemachten Betriebskosten keine Nachzahlung, nach § 556 III 5, 6 BGB ausgeschlossen ist.

(1) Entgegen der Auffassung der Revision setzt der Einwendungsausschluss nach § 556 III 5, 6 BGB nicht voraus, dass im Mietvertrag Vorauszahlungen auf Betriebskosten mit entsprechender Abrechnungspflicht überhaupt vereinbart sind. Für den Fall der Inklusivmiete hat der Senat dies bereits entschieden (Senat, NJW 2008, 283 = NZM 2008, 81 Rdnrn. 24 f.). Für den Fall, dass der Mietvertrag – wie hier – für bestimmte Betriebskosten eine Pauschale vorsieht, gilt nichts anderes. Die aufeinander abgestimmten Ausschlussfristen für die Abrechnung des Vermieters (§ 556 III 3 BGB) und die Einwendungen des Mieters (§ 556 III 5 BGB) verfolgen den Zweck, dass innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung erteilt und Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche erzielt wird (Senat, NJW 2008, 283 = NZM 2008, 81 Rdnr. 25). Die damit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht gewährleistet, wenn nach Ablauf der Frist noch Streitigkeiten darüber möglich wären, ob bestimmte Betriebskosten mit Rücksicht auf eine insoweit vereinbarte Pauschale zu Unrecht angesetzt worden sind.

Dass der Mietvertrag hier nur bezüglich Warmwasser und Heizung eine Abrechnung vorsah, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung.

(2) Entgegen der Auffassung der Revision hatte der Bekl. die verspätete Geltendmachung betreffend die Vereinbarung einer Pauschale auch zu vertreten (§ 556 III 6 BGB). Nach § 556 III 5 BGB ist der Mieter im eigenen Interesse gehalten, sämtliche Einwendungen gegen eine Betriebskostenabrechnung innerhalb von zwölf Monaten seit Zugang der Abrechnung vorzubringen. Dass der Bekl. gehindert gewesen wäre, diesen sich aus dem Mietvertrag ohne Weiteres ergebenden Einwand innerhalb der Frist vorzubringen, ist nicht ersichtlich und ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass die Kl. nach den Einwendungen des Bekl. zu den Heiz- und Warmwasserkosten auf die Abrechnung erst im Juli 2008 wieder zurückgekommen ist.

2. Auch gegen die Verurteilung des Bekl. zur Zahlung der Betriebskostennachforderung i. H. von 662,98 Euro nebst Zinsen für das Jahr 2004 wendet sich die Revision ohne Erfolg. Insoweit gilt das zu II 1 Ausgeführte entsprechend. Das BerGer. hat auch die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede des Bekl. im Ergebnis zu Recht nach § 531 II ZPO zurückgewiesen.

Zwar ist die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede nach der Rechtsprechung des BGH unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 II 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, wenn die Erhebung der Verjährungseinrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGHZ 177, 212 = NJW 2008, 3434 Rdnr. 11). Dies hat das BerGer. rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Dieser Fehler des BerGer. hat sich auf die Entscheidung im Ergebnis jedoch nicht ausgewirkt. Denn zwischen den Parteien war streitig, ob der Mahnbescheidsantrag für den am 29. 1. 2009 zugestellten Mahnbescheid am 23. 1. 2009 oder bereits am 23. 12. 2008 beim AG Coburg (zentrales elektronisches Mahngericht) eingereicht worden war.

Der Umstand, dass der Ausdruck des Mahnverfahrens in der Gerichtsakte den 23. 1. 2009 als Datum der Einreichung des Mahnbescheidsantrags ausweist, führt nicht dazu, dass das BerGer. den Verjährungseinwand hätte zulassen und die Nebenkostennachforderung für das Jahr 2004 auf der Grundlage des in der Akte befindlichen Ausdrucks des Mahnverfahrens als verjährt hätte abweisen müssen. Denn das BerGer. hätte, wie die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrüge zu Recht geltend macht, auf diesen Umstand jedenfalls nicht ohne vorherigen Hinweis an die Parteien abstellen dürfen. Die Kl. hätte daraufhin – wie nunmehr mit der Revisionserwiderung geschehen – unter Vorlage der Zwischenverfügung des AG Coburg vom 19. 1. 2009 vorgetragen, dass der am 23. 12. 2008 eingereichte Mahnbescheidsantrag einen behebbaren Mangel (schlechte Druckqualität des Barcodes) aufgewiesen habe und daraufhin unverzüglich ein mangelfreier Antrag an das Mahngericht übersandt worden sei. Da nach der Rechtsprechung des BGH für die Behebung eines Mangels nach einer Zwischenverfügung die Monatsfrist des § 691 II ZPO heranzuziehen ist (BGHZ 150, 221 [225] = NJW 2002, 2794), war die Erledigung der Zwischenverfügung nach den von der Kl. eingereichten Unterlagen rechtzeitig erfolgt. Für die Hemmung der Verjährung wäre deshalb nach § 691 II ZPO, § 204 BGB auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Einreichung des Mahnantrags vom 23. 12. 2008 abzustellen und mithin die Verjährung nach dem Sachvortrag der Kl. noch nicht eingetreten.

Somit waren die tatsächlichen Voraussetzungen der die Verjährung begründenden Umstände nicht unstreitig und ist die Zurückweisung der Verjährungseinrede nach § 531 II ZPO durch das BerGer. im Ergebnis nicht zu beanstanden.

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