BGH Urteil
Härtegründe des Mieters sind sorgfältig zu prüfen
§ 574 Abs. 1 BGB regelt hinsichtlich der ordentlichen Kündigung: „Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.“.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.03.2017 (Az. VIII ZR 270/15) zu einem Sachverhalt Stellung genommen, in dem es um eine solche Fortsetzung eines Mietverhältnisses wegen unzumutbarer Härte ging. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass auch eine vermeintliche Wahrunterstellung vorgetragener Härtegründe nicht dazu führen dürfe, dass sich ein Gericht im Räumungsrechtsstreit kein tiefgehendes und eigenständiges Bild von den betroffenen Mieterintereressen verschaffe.
Im konkreten Fall hatte die Vorinstanz die Härtegründe des Mieters als wahr unterstellt, war aber zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Härten in keinem Fall Vorrang vor den Vermieterinteressen verdienten. Damit habe es die Vorinstanz nach Ansicht des Bundesgerichtshofs unterlassen, sich inhaltlich mit der im Mietervortrag zum Ausdruck gekommenen existenziellen Bedeutung der Beibehaltung der bisherigen Wohnung auseinanderzusetzen.
Insbesondere bei schwerwiegenden Härtegründen sei die Rechtsprechung aber verfassungsrechtlich gehalten, Beweisangeboten besonders sorgfältig nachzugehen und allen Interessen bei der Abwägung hinreichend Rechnung zu tragen. Im Zweifel bedeute dies, dass sich die Gerichte bei Fehlen eigener Sachkunde mittels Sachverständigengutachten eine genaues Bild davon machen müssten, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden sind.