BGH Urteil

Kostenerstattung an Verwalter auch bei eigenmächtigem Handeln

Neutral
Aktenzeichen: V ZR 32/21
Urteil vom: 10.12.2021

Einem Wohnungseigentumsverwalter, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, kann gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehen. 

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10.12.2021 (Az. V ZR 32/21) entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn der Verwalter beschlusswidrig gehandelt hat.

Verwalterin beauftragt andere Firma als beschlossen

2014 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Firma B. für einen Betrag von € 40.000 mit der Erneuerung der Eingangstüren und der Briefkastenanlagen zu beauftragen. Die Verwalterin beauftragte jedoch die Firma M., die ein günstigeres Angebot abgegeben hatte und die Arbeiten für 36.300,83 € ausführte.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt mit ihrer Klage die Rückzahlung der an die mittlerweile insolventen Firma M. geleisteten Beträge von der Verwalterin.

Grundsätzlich: Kosten aus Durchführung Verwaltervertrag sind von Gemeinschaft zu tragen


Der Verwaltervertrag sei ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag. Es gehöre zum gesetzlichen Leitbild dieses Vertrags, dass die Kosten aus der Ausführung der Geschäftsbesorgung nicht von dem Beauftragten, sondern von dem Auftraggeber zu tragen seien, in dessen Interesse die Geschäftsbesorgung erfolge. Der Verwalter müsse allerdings - wie jeder im fremden Interesse handelnde Geschäftsbesorger - die Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß dem ihm bekannten Willen und dem Interesse der Wohnungseigentümer durchführen. Diese Verpflichtung habe die beklagte Verwalterin verletzt, als sie von dem Beschluss der Wohnungseigentümer, die Firma B. zu beauftragen, abgewichen sei.

Der Bundesgerichtshof führt zunächst aus, dass der Gemeinschaft ein vertraglicher Anspruch gegen die Verwalterin auf Herausgabe der durch die Zahlung an die Firma M. nicht ordnungsgemäß verbrauchten Gelder der Gemeinschaft zustehe.

Allerdings stünden der Verwalterin auch Gegenansprüche zu, mit denen gegen die Ansprüche der Gemeinschaft aufgerechnet werden könne.

Auch bei beschlusswidrig handelnder Verwalterin stehen dieser Gegenansprüche gegen Gemeinschaft zu


Diese Gegenansprüche der Verwalterin seien auch nicht ausgeschlossen.

Zwar sei dem einzelnen Eigentümer nicht gestattet, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen, da es ihm in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum an der Einwirkungskompetenz fehle. Diese Sonderregelung dürfe nicht über die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Rechts ausgehebelt werden und begründe daher eine Sperrwirkung.

Allerdings: Eine Sonderregelung, die dem Verwalter die Kompetenz abspreche, Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen, enthalte das Wohnungseigentumsgesetz dagegen nicht. Eigenmächtige pflichtwidrige Maßnahmen des Verwalters im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums im Einzelfall änderten nichts daran, dass der Verwalter im Grundsatz - anders als der einzelne Wohnungseigentümer - zu einer Einwirkung auf das Gemeinschaftseigentum berechtigt sei und deshalb kein Anlass bestehe, den Rückgriff auf die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften zu sperren.

Dem Verwalter, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführe, könne daher gegenüber der Gemeinschaft vielmehr ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehen.


Konkreter Fall: Nur reduzierte Ansprüche und Abschläge möglich


In einem Fall wie hier, dass sich der Verwalter über einen Beschluss der Wohnungseigentümer und damit über ihren erklärten Willen hinweggesetzt habe, stehe ihm nur gemäß § 684 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu. 

Damit sei sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer keinen Ersatz für Maßnahmen leisten müssten, die für sie ohne Wert sind.

Liege die Eigenmächtigkeit, wie hier, darin, dass der Verwalter sich über die Entscheidung der Wohnungseigentümer hinweggesetzt habe, eine bestimmte Firma zu beauftragen, könne dies außerdem eine Verringerung des Ersatzanspruchs rechtfertigen in diesem konkreten Fall bis zu 20 Prozent betragen. Das komme insbesondere in Betracht, wenn die bestehende Geschäftsbeziehung zu der eigentlich zu beauftragenden Firma gefestigt werden sollte.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2021, Az. V ZR 32/21
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