BGH Urteil
WEG: Inhaltsgleiche Zweitbeschlüsse grundsätzlich unzulässig
Nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.02.2023 (Az. V ZR 246/21) spricht eine Vermutung dafür, dass bestimmte Zweitbeschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen.
Formelle oder materielle Beschlussmängel
Dies betrifft Sachverhalte, in denen ein allein wegen materiellen Beschlussmangels gerichtlich für ungültig erklärter Beschluss erneut beschlossen wird. Diese Vermutung kann allerdings im Rechtsstreit widerlegt werden.
Wurde ein Beschluss dagegen lediglich wegen eines formellen Beschlussmangels für ungültig erklärt, ist ein Zweitbeschluss grundsätzlich zulässig, wenn dadurch der formelle Mangel geheilt werden soll.
Schutz der Kläger des Erstbeschlusses
Im Allgemeinen könne die Gemeinschaft wegen ihrer autonomen Beschlusszuständigkeit grundsätzlich über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut beschließen. Dabei spiele es keine Rolle, aus welchen Gründen sie eine erneute Beschlussfassung für angebracht halte.
Bei wegen materieller Fehler für ungültig erklärten Zweitbeschlüssen gelte allerdings wie folgt: Der durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage verwirklichte Minderheitenschutz werde faktisch entwertet, wenn die Gemeinschaft einen inhaltlich mit dem gerichtlich für ungültig erklärten Beschluss identischen Beschluss fasse. Denn dann werde die Minderheit zu einer neuen Klage gezwungen und hätte durch die vorangegangene erfolgreiche Beschlussanfechtung letztlich nichts gewonnen.
Nur wenn die Gemeinschaft nachweise, dass besondere Umstände die zweite Beschlussfassung erlaubten, sei die Vermutung erschüttert. Es sei nämlich nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Minderheitenrechte missachtet würden.
Zweitbeschluss ist nicht automatisch nichtig
Werde ein nach diesen Maßstäben unzulässiger Zweitbeschluss gefasst, habe dies nicht die Nichtigkeit des Beschlusses, sondern in der Regel lediglich dessen Anfechtbarkeit zur Folge.Bei der Annahme von Nichtigkeit sei Zurückhaltung geboten.
Ob ein Zweitbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, müsse in aller Regel in einem Anfechtungsverfahren geklärt werden. Nur in Ausnahmefällen könne ein derartiger Beschluss als evident rechtsmissbräuchlich und deshalb als nichtig anzusehen sein; das könne etwa in Betracht kommen, wenn eine mehrfache Beschlussfassung allein mit dem Ziel erfolge, die Minderheit zu zermürben.