Instanz-Urteil im Mietrecht
Abstellen der blauen Tonne vor Einfamilienhaus
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagten als Vermieter verpflichtet sind, für das von der Klägerin angemietete Reihenhaus eine Altpapierentsorgungstonne bei der Freien und Hansestadt ... zu beantragen.
Die Klägerin ist seit dem 1.6.2003 Mieterin des von den Beklagten vermieteten Endreihenhauses ... in ... H. In einer Entfernung von ca. 100 m zum Reihenhaus stehen öffentliche Altpapiercontainer. In einer Entfernung von ca. 1 km zum Reihenhaus befindet sich ein Recyclinghof.
Ausweislich eines Abhilfebescheides der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt ... vom 29.10.2007 ist die Klägerin schwerbehindert. Der Grad ihrer Behinderung beträgt ausweislich des Bescheides 90%; zudem wurde eine erhebliche und außergewöhnliche Gehbehinderung festgestellt.
Die Klägerin forderte die Beklagten mehrfach dazu auf, für das Grundstück ... bei der Freien und Hansestadt ... eine sog. „blaue Tonne“ zur Altpapierentsorgung zu beantragen, zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 23.9.2009.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten seien Kraft mietvertraglicher Nebenpflicht verpflichtet, eine Altpapiertonne für sie zu beantragen. Sie selbst könne einen solchen Antrag nicht stellen, weil sie nicht Eigentümerin des Grundstücks sei. Sie benötige eine solche Tonne auch, weil sie gehbehindert sei, so dass ihr die Entsorgung des Altpapiers in den öffentlichen Containern oder im Recyclinghof nicht zuzumuten sei.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, dass die öffentlichen Müllcontainer und der in der Nachbarschaft befindliche Recyclinghof ausreichten. Im Übrigen sei die Klägerin auch körperlich in der Lage, diese Einrichtungen zu nutzen. Sie träfen die Klägerin regelmäßig beim Einkaufen in einem nahegelegenen Einkaufszentrum. Der Weg zum Einkaufszentrum führe an den Containern vorbei. Im Übrigen seien sie auch deswegen nicht verpflichtet, eine Altpapierentsorgungstonne für das Grundstück ... zu beantragen, weil es dort an einem geeigneten Aufstellort fehle. Soweit die Klägerin beabsichtige, die Tonne im vorderen Grundstücksbereich aufzustellen, sei dieser Standort ungeeignet, weil es sich um eine Feuergasse handele, die sich zudem auf öffentlichen Grund befinde. Auch eine Nutzung des hinteren Garten- und Terrassenbereichs für das Aufstellen einer Altpapierentsorgungstonne müssten sie als Vermieter nicht hinnehmen.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 20.10.2009.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Der Anspruch der Klägerin auf Mitwirkung bei der Beschaffung einer Altpapiertonne beruht auf § 535 Abs. 1 S. 1 BGB, jedenfalls aber auf den aus § 535 Abs. 1 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB folgenden vertraglichen Nebenpflichten.
Nach den vorgenannten Vorschriften ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Zudem hat er nach Treu und Glauben auf die berechtigten Belange des Mieters Rücksicht zu nehmen und ihm gegenüber die nach den Umständen gebotene Fürsorge walten zu lassen. Dies umfasst - jedenfalls unter den hier gegebenen besonderen Umständen - dass die Beklagten verpflichtet sind, für das von der Klägerin angemietete Reihenhaus eine Altpapierentsorgungstonne zu beantragen. Zu dem vom Vermieter zu gewährenden vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört es nämlich, dass dem Mieter ermöglicht wird, den bei ihm anfallenden Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Dazu gehört auch, dass dem Mieter in eine getrennte Abfallerfassung ermöglicht wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Mieter anderweitig vorhandene Entsorgungseinrichtungen nicht oder nicht in zumutbarer Weise nutzen kann (1.), die örtlichen Verhältnisse eine getrennte Erfassung im Mietobjekt selbst zulassen (2.) und die Schaffung der Voraussetzungen für eine getrennte Entsorgung für den Vermieter nicht mit zusätzlichen, nicht auf den Mieter umlegbaren Kosten verbunden ist (3.). So liegt es hier:
1. Der Klägerin ist es nicht zuzumuten, die in der Umgebung vorhandenen öffentlichen Altpapiertonnen oder den Recyclinghof zu nutzen, denn sie ist ausweislich des Bescheides der Freien und Hansestadt ... zu 90% schwerbehindert; bei ihr wurde eine erheblich und außergewöhnliche Gehbehinderung festgestellt. Auch wenn sie gleichwohl in der Lage sein sollte, zu Fuß einkaufen zu gehen, so ist es ihr doch nicht zuzumuten, zusätzlich noch ihr Altpapier auf dem Fußwege zu entsorgen.
2. Die örtlichen Verhältnisse lassen eine getrennte Erfassung des Papiermülls auf dem Grundstück zu. Insoweit kann es dahinstehen, ob es sich bei dem von der Klägerin ursprünglich ins Auge gefassten vorderen Grundstücksbereich tatsächlich um öffentlichen Grund handelt, bzw. ob die in Rede stehende Fläche aus feuerschutzrechtlichen Gründen freizuhalten ist. Denn jedenfalls ist es der Klägerin unbenommen, die Altpapiertonne im hinteren Grundstücksbereich, also auf der Terrasse oder im Garten aufzustellen. Hierzu ist die Klägerin mietvertraglich berechtigt. Insoweit hat das AG Hamburg-Blankenese bereits in seinem Urteil vom 19.5.1999 zum Aktenzeichen 509 C 445/99 festgestellt, dass die Aufstellung von Biotonnen auf der Terrasse eines gemieteten Einfamilienhauses vom mietvertraglich gewährten Gebrauch gedeckt ist, vgl. AG Hamburg-Blankenese, WuM 2000, S. 181. Für die „blaue Tonne“ zur Altpapierentsorgung kann in soweit nicht anderes gelten.
3. Die Schaffung der Voraussetzungen für eine getrennte Erfassung des Papiermülls ist für die Beklagten auch nicht mit zusätzlichen, nicht auf die Klägerin umlegbaren Aufwendungen verbunden. Von den Beklagten ist nichts weiter verlangt, als dass sie einen entsprechenden Antrag bei der Freien und Hansestadt ... stellen. Die Lieferung und Aufstellung der Altpapierentsorgungstonne ist unstreitig ebenso wenig kostenpflichtig wie die regelmäßige Leerung. Im Übrigen wären die Kosten der regelmäßigen Leerung im Rahmen der Betriebkostenabrechnung auf die Klägerin umlegbar, sofern die Parteien - wovon das Gericht ausgeht - eine Mietstruktur vereinbart haben, derzufolge die Klägerin neben der Nettomiete auch die Betriebskosten zu zahlen hat.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Beschluss: Der Streitwert wird auf € 1.000,00 festgesetzt (§ 3 ZPO).