Instanz-Urteil im Mietrecht

Schonfristzahlung nur bei vollständiger Tilgung aller offenen Mietforderungen

Positiv für Vermieter
Aktenzeichen: 64 S 209/21
Urteil vom: 02.06.2022

LG Berlin Zivilkammer 64, Beschluss vom 02.06.2022  (Az. 64 S 209/21)


Das Begründungserfordernis für die Kündigungserklärung nach § 569 Abs. 4 BGB und die Regelung über die „Schonfristzahlung“ in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wirken nicht in der Weise zusammen, dass es zur Beseitigung einer fristlosen Kündigung jedenfalls ausreiche, die zum Anlass der Kündigung genommenen und im Kündigungsschreiben bezeichneten Rückstände auszugleichen. Eine wirksame „Schonfristzahlung“ liegt vielmehr nur dann vor, wenn alle offenen Mietforderungen des Vermieters getilgt werden, einschließlich solcher, die schon im Zeitpunkt der Kündigung offen waren, aber im Kündigungsschreiben nicht erwähnt wurden. Grundsätzlich ist es Sache der Mieter, sich nach Zugang einer wirksamen Zahlungsverzugskündigung einen Überblick über ihre eigenen Mietzahlungen zu verschaffen und die Gesamthöhe ihrer Mietschulden zu ermitteln. Abweichendes mag gelten, wenn der Mieter nach den Umständen darauf vertrauen darf, die Mietrückstände seien im Kündigungsschreiben vollständig bezeichnet.


Gründe:
I.

1Die Klägerin nimmt die Beklagten im zweiten Rechtszug nur noch auf Räumung und Herausgabe der von den Beklagten mit Vertrag vom 21. Juni 2022 gemieteten Vierzimmerwohnung in Anspruch. Wegen des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, das den Beklagten am 2. Juli 2021 zugestellt worden ist. Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt, da ihre innerhalb der Schonfrist geleisteten Zahlungen nicht ausgereicht hätten, die gesamte fällige Miete zu tilgen. Dass die bereits vor November 2019 fällig gewordenen Mietrückstände im Rahmen der Kündigungserklärung vom 23. März 2020 keine Erwähnung gefunden hätten, sei unerheblich; die Beklagten hätten sich nach Zugang der Kündigungserklärung über die Gesamthöhe ihrer Mietschulden vergewissern und den gesamten Rückstand tilgen müssen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der am 2. August 2021 eingelegten und nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 30. September 2021 begründeten Berufung. 

2Sie tragen vor, die Kündigung vom 23. März 2020 sei durch die innerhalb der Schonfrist geleisteten Zahlungen unwirksam geworden, da die Beklagten alle im Kündigungsschreiben bezeichneten Mietrückstände getilgt hätten. Die früheren Rückstände aus der Zeit Januar bis August 2019 seien damals weder der Klägerin noch den Beklagten bewusst gewesen und inzwischen längst bezahlt. Die Klägerin handele treuwidrig, indem sie ihre Kündigung nachträglich auf diese früheren Rückstände zu stützen und der Schonfristzahlung die Wirkung abzusprechen suche. 

3Die Beklagten beantragen sinngemäß, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14. Dezember 2020 abzuweisen. 

4Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

5Sie verteidigt das angefochtene Urteil. 

6Die Kammer hat die Beklagten mit Beschluss vom 14. März 2022 (Bl. II/46 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Der Beschluss ist den Beklagten am 28. April 2022 zugestellt worden.

II.

7Die Berufung ist durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO gegeben sind, die zulässige Berufung insbesondere offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 14. März 2022 Bezug genommen. Die Kammer hält an ihren dort nieder gelegten Erwägungen fest. Die Beklagten sind den Ausführungen der Kammer auch nicht mehr entgegen getreten.

8Die Kostenentscheidung folgt § 97 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO. 

9Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 41 Abs. 2 GKG.

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