Instanz-Urteil im Mietrecht

Mietspiegel einer Nachbargemeinde § 558 Abs. 4 S. 2 BGB bei Mieterhöhung

Positiv für Vermieter
Aktenzeichen: 24 C 328/11
Urteil vom: 14.06.2012

AG Potsdam, Urteil vom 14.06.2012, Az. 24 C 328/11


Die Klage wird abgewiesen.


Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vorher Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.



Tatbestand:


Die Kläger vermieteten den Beklagten ... ein Einfamilienhaus in ...


Mit Schreiben vom 24.03.2011 begehrten die Kläger von den Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung von 468,19 EUR um 93,64 EUR auf 561,83 EUR. Zur Begründung verwiesen sie auf den Mietspiegel für Potsdam.


Die Kläger tragen vor, dass der Mietspiegel für Potsdam anwendbar sei. Die Gemeinden Potsdam und Wilhelmshorst lägen im Verflechtungs- und Ballungsrum in der Nähe Berlins. Das Gebäude befinde sich in einem guten Unterhaltungszustand, Einkaufsmöglichkeiten seien wenige Autominuten und zu Fuß erreichbar.


Die Kläger behaupten des Weiteren, dass die Wohnung mit einer Zentralheizung ausgestattet sei, die von den Klägern eingebaut worden sei und dass das Haus schon immer für eine Zentralheizung konzipiert worden sei.


Die Kläger beantragen,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, gegenüber den Klägern als Gesamtgläubiger einer Erhöhung der Nettokaltmiete für das Einfamilienhaus ... um monatlich 93,64 € auf zukünftig 561,83 € mit Wirkung ab dem 01.06.2011 zuzustimmen.


Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.


Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass der Mietspiegel Potsdam nicht anwendbar sei. Es handele sich bei Wilhelmshorst nicht um eine vergleichbare Nachbar gemeinde. Die Gemeinde Michendorf OT Wilhelmshorst sei weder von der Lage, noch von der Größe und Infrastruktur mit der Landeshauptstadt Potsdam vergleichbar. Die vermieterseits gestellte Zentralheizung sei nur auf Kohlebasis betrieben worden, auch sei nur das Untergeschoss an die Zentralheizung angeschlossen gewesen. Die obere Etage sei zunächst mit Öfen beheizt worden, die nach und nach durch den Einbau von Heizkörpern in der oberen Etage ersetzt worden seien. Den Umbau der Heizung auf Gas hätten die Beklagten nicht gezahlt.

Das Gericht hat Beweis erhoben.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf alle zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift sowie die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die Klage ist unbegründet.


Die von der Klägerseite begehrte Zustimmung zur Mieterhöhung hat keinen Erfolg haben, da die Anwendung des Potsdamer Mietspiegel zu dem Ergebnis führt, dass der ortsübliche Vergleichsmietzins unterhalb des von den Klägern begehrten Mietzinses liegt.

Der Mietspiegel für die Stadt Potsdam 2010 ist zumindest teilweise auf die Gemeinde Michendorf (OT Wilhelmshorst) anwendbar.


Nach § 558a Abs. 4 S 2 kann zur Begründung des Mieterhöhungs-Verlangens der Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde verwandt werden, vorausgesetzt, dass kein aktueller Mietspiegel oder dass in der Gemeinde überhaupt kein Mietspiegel existiert. In diesen Sonderfällen ist Verwendung des Mietspiegels einer vergleichbaren Gemeinde erlaubt.

Der Mietspiegel der Landeshauptstadt Potsdam 2010, der das gesamte Gemeindegebiet der Landeshauptstadt umfasst, ist auf die streitgegenständliche, in Michendorf (OT Wilhelmshorst) belegene Wohnung anwendbar.


Für die Frage, ob Gemeinden vergleichbar sind, ist auf einen Gesamtvergleich abzustellen, insbesondere darauf, ob sich die Nachbargemeinden nach ihrem äußeren Erscheinungsbild weitgehend gleichen, wobei maßgebende Kriterien die Größe der Gemeinde, die Bevölkerung, die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Infrastruktur, die Versorgung im Schul- und Bildungsbereich sowie die verkehrsmäßige Erschließung und Anbindung sind (vgl. z. B. Schmidt-Futterer, 2011, § 558a Rn. 43 ff m. w. N.,). Insoweit ist die Gemeinde Michendorf mit einer Einwohnerzahl von 5.912 Einwohnern zum 31,12.2010, wovon 1.553 auf den OT Wilhelmshorst entfallen (vgl. www.michendorf.de) nicht mit der (kreisfreien) Landeshauptstadt Potsdam Stadt die mit ihren 155354 Einwohnern (Stand 31.12.2010, vgl. www.potsdam.de), wovon allerdings z. B. auf den OT Uetz-Paaren nur 425 Einwohner entfallen (Stand 31.12.2010, vgl. www.potsdam.de). Stellt man nur auf die Gesamteinwohnerzahl ab, würde jedoch übersehen werden, dass die Landeshauptstadt über ländlich geprägte Randgebiete verfügt, deren Mietgefüge ebenfalls in den Mietspiegel der Landeshauptstadt Potsdam eingearbeitet ist. Die Gemeinde Michendorf liegt aber ebenso wie Uetz-Paaren an der Peripherie und im unmittelbaren Einzugsgebiet der Landeshauptstadt Potsdam und Berlin.

Dieses wird noch durch folgende Daten unterstrichen. Das Gebiet Potsdam Uetz ist vom Hauptbahnhof Potsdam je nach Fahrtstrecke zwischen 15,2 und 19,8 km entfernt (vgl. Googlemaps) die Entfernung zum Ernst-von-Bergmann Klinikum beträgt zwischen 15,1 und 16,6 Ion (vgl. Googlemaps).


Die Entfernung zwischen Wilhelmshorst und Potsdam Hauptbahnhof beträgt 8,8 km (vgl. Googlemaps), die Entfernung zum Ernst-von-Bergmann Klinikum beträgt 11,00 km (vgl. Googlemaps) Die Entfernung zwischen Wilhelmshorst und dem Potsdamer Platz in Berlin beträgt 41,8 km (vgl. Googlemaps), von Uetz-Paaren beträgt die Entfernung 38,5 Ion (vgl. Googlemaps).


Diese Daten zeigen, dass die Unterschiede zwischen einer Potsdamer Randgemeinde wie Uetz-Paaren und der nicht zu Potsdam gehörenden Gemeinde Michendorf (Wilhelmshorst) eher gering sind.


Dem Ansatz des Mietspiegels steht nicht entgegen, dass sich bei der Mietwohnung um ein Einfamilienhaus handelt. Qualifizierte Mietspiegel können nach der neueren Rechtssprechung auch auf Einfamilienhäuser angewendet werden, da bei denen in der Regel eine höhere Miete zu erzielen ist als in Geschossbau (vgl. BGH, Urteil vom 17. 9. 2008 - VIII ZR 58/08)


Die begehrte Mietzinserhöhung kann jedoch keinen Erfolg haben, da das Haus in das Feld D2 des Potsdamer Mietspiegels einzuordnen ist. Die Kläger haben nämlich nicht bewiesen, dass sie das Haus mit einer auf Gas beruhenden Zentralheizung ausgestattet haben. Das Haus ist daher als teilausgestattet ohne Sammelheizung, aber mit Bad und WC innerhalb der Wohnung anzusehen. Unter einer Sammelheizung sind Gebäude- und Wohnungsheizungen aller Heizungsarten (einschl. Fernwärme) zu verstehen, bei denen unabhängig von der Energieart, die Wärmeerzeugung von einer zentralen Stelle aus erfolgt. Ausgenommen hiervon sind Sammelheizungen auf Kohlebasis. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen Kolossa.


Es kam somit auch nicht auf die Frage an, ob von den Werten des Potsdamer Mietspiegels ein Abschlag vorzunehmen war.

Ein Sachverständigengutachten, wie von den Klägern beantragt war nicht einzuholen, da die im Streitfall für die Frage des ortsüblichen Mietzinses der Potsdamer Mietspiegel anzuwenden war.

Ausweislich des Mietspiegels beträgt die Spanne 2,57 - 3,32 EUR, der Mittelwert beträgt 2.96 EUR. Das bedeutet, dass selbst nach dem Höchstbetrag von 3,32 EUR allenfalls ein Mietzins von 397,07 EUR (119,6 x 3,32) zu erzielen ist, der unterhalb des von den Klägern begehrten Mietzinses liegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Streitwert: 1.123,68 EUR (§§ 3 ZPO, 41 GKG)

Sie haben Fragen oder finden ein Urteil nicht?

Als Mitglied erhalten Sie kostenfreie telefonische Beratung in Sachen Mietrecht. Im Gegensatz zu einer Versicherung helfen wir Ihnen auch wenn es zu spät ist, gleich nach Ihrer Registrierung. Bundesweit, bereits ab 6 € im Monat.Aber auch als Nichtmitglied kann Ihnen unkompliziert geholfen werden.

Telefonische Beratung

Kostenlose Beratung ab Basis-Mitgliedschaft

Mitglieder-Hotline
*deutsches Festnetz
Nichtmitglieder-Hotline
*1,99 €/Min; mobil abweichend