Instanz-Urteil im Mietrecht

Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers für Müllcontainer

Positiv für Vermieter
Aktenzeichen: 19a O 23/23
Urteil vom: 23.06.2023

Der Vermieter genügt seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn er Sorge dafür trägt, dass Müllcontainer standsicher sind.


Die Standsicherheit wird gewährleistet, wenn Pedalbremsen benutzt werden. Der Vermieter darf sich dabei grundsätzlich darauf verlassen, dass das Müllentsorgungsunternehmen auch die Pedalbremse betätigt.


Nur unter besonderen Umständen ist ein Handeln darüber hinaus notwendig. Etwa bei ersichtlichem oder angekündigtem schwerem Unwetter oder wenn bekannt ist, dass die Pedalbremse nicht angezogen zu werden pflegt.



Müllcontainer wird von Wind an auf der Straße geparktes Auto gedrückt


Die Parteien des Verfahrens stritten um Schadensersatzansprüche des Klägers. Der Kläger behauptete, dass sein Fahrzeug durch vom Wind verwehte Müllcontainer beschädigt wurde, die zum Grundstück der beklagten Eigentümerin gehörten.


Das Landgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 23.06.2023 (Az. 19a O 23/23) entschieden, dass eine Haftung aus Gründen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers nicht vorliegt.



Verkehrssicherungspflicht

Regelungsinhalt der sogenannten Verkehrssicherungspflichten sei es, dritte Personen möglichst vor solchen Gefahren zu schützen, die durch die Eröffnung einer Gefahrenquelle entstehen können.

Diese Pflicht begründe und beschränke sich zugleich darin, dass der Verantwortliche Einfluss auf diese Gefahrenquelle habe. Eine solche Verkehrssicherungspflicht bestehe jedoch nicht uneingeschränkt: es existiere keine allgemeine Pflicht andere Personen gegen jede irgendwie denkbare Gefährdung zu schützen.


Die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers bzw. Vermieters gebiete es, ein Gebäude einschließlich seiner Außenanlagen so zu unterhalten, dass es ohne Gefährdung anderer denjenigen Witterungseinflüssen standhalte, mit denen in der betreffenden Region gerechnet werden müsse.


Diese Verkehrssicherungspflicht sei aber nicht mit einer Gefährdungs- oder Zufallshaftung gleichzusetzen mit der Folge, dass der Vermieter jegliche Schäden zu ersetzen habe, welche andere auf seinem Grundstück erleiden würden.



Haftung bei der Sicherung von Müllcontainern

Hinsichtlich des hier in Rede stehenden Sachverhalts sei zu verlangen, dass die Eigentümerin Sorge dafür trage, dass die Müllcontainer standsicher seien. Die Standsicherheit werde gewährleistet, wenn Pedalbremsen benutzt würden. Die Sicherung der Müllcontainer durch die Bremse sei daher grundsätzlich ausreichend.


Da die Eigentümerin aber das Müllentsorgungsunternehmen beauftragt habe, durften sie auch davon ausgehen, dass dieses ordentlich arbeite und insbesondere die Feststellbremse als einfachste Tätigkeit festziehe. Denn die Verantwortung für die nach der Leerung auf die Straße gestellten Müllcontainer liege zunächst bei dem Entsorgungsunternehmen. Solange der Eigentümerin keine Hinweise bekannt seien, dass das Müllentsorgungsunternehmen nicht fachgerecht arbeite, bestehe für die Eigentümerin keine Anlass zum Handeln.


Es seien auch keine Anhaltspunkte für ein eventuelles Auswahl- oder Überwachungsverschulden der Eigentümerin im Hinblick auf das beauftragte Müllentsorgungsunternehmen ersichtlich. Daraus könnte sich ein Schadensersatzanspruch ergeben, wenn die Eigentümerin nicht ein Unternehmen das sorgfältig arbeitet, ausgewählt habe oder sich bei der Überwachung dieses Unternehmens einen Pflichtenverstoß zurechnen lassen müsste. Da unbestritten ein Anschlusszwang hinsichtlich des Müllentsorgungsunternehmens bestand, scheide ein Auswahlverschulden von vornherein aus. Für ein Überwachungsverschulden sei nichts vorgetragen.


Auch aus dem Umstand, dass die Müllcontainer bis zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht in ihre Garagen zurückgebracht wurden, könne keine Pflichtverletzung gefolgert werden. Eine Verpflichtung, die geleerte Tonne sofort wieder auf ihr Grundstück zu verbringen, bestehe nicht. Ausreichend sei es, wenn die Tonne im Laufe des Leerungstages wieder zurückgestellt werde.



Weitergehende Haftung nur bei zu erwartenden besonderen Umständen

Etwas anderes könnte sich nur daraus ergeben, dass besondere Umstände ein vom Regelfall abweichendes Verhalten gebieten würden.


Das könnte etwa daraus folgen, dass ein besonders schweres Unwetter angekündigt oder als sehr wahrscheinlich zu erwarten sei, bei dem davon ausgegangen werden müsse, dass die Müllcontainer ohne eine über die Feststellbremse hinausgehende Sicherung Schäden verursachen würden. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Zum Volltext des Urteils

LG Darmstadt, Urteil vom 23.06.2023 (Az. 19a O 23/23)
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