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Finden Sie hier aktuelle Rechtsprechung im Miet-, Wohnungseigentums- und Immobilienrecht sowie hilfreiche Tipps für Vermieter.

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19. Nov 2019
Mietmangel bei Baulärm vom Nachbargrundstück

Ist der Mieter zur Minderung berechtigt, wenn der von dem Nachbargrundstück ausgehende Baulärm durch den Vermieter selbst verursacht wird? Nach Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.10.2019 (Az. 65 S 99/19) ist dies der Fall.   Nach der Vorschrift des § 536 Abs. 1 BGB sei die Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihr Tauglichkeit zu vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder erheblich mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht.  Ein Mangel der Mietsache sei gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimme sich vorrangig nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung könnten dabei auch Umstände sein, die - als sog. Umweltfehler - von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken, wie etwa Immissionen. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit fehlten, werde der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 BGB, nach der Verkehrsanschauung bestimmt.  Anders verhalte es sich jedoch, wenn die vom Nachbargrundstück ausgehenden Lärmbelästigungen nicht durch einen Dritten, sondern - wie hier - durch den Vermieter selbst verursacht würden, weil er der Bauherr ist. Die Mietminderung trete dann - der gesetzlichen Anordnung in § 536 Abs. 1 BGB gemäß - kraft Gesetzes ein. Unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung begründeten nur nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen durch Dritte und auch nur dann keinen zur Mietminderung führenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- und Entschädigungsmöglichkeit (als unwesentlich und ortsüblich im Sinne des § 906 BGB) hinnehmen müsse.  Entscheidend sei also, dass die vom Nachbargrundstück ausgehenden Geräuschimmissionen hier nicht durch Dritte, sondern durch die Vermieterseite als auch Bauherrin verursacht würden. Der Umstand,  dass dringend benötigter Wohnraum geschafft würde, sei ohne Bedeutung, denn § 536 Abs. 1 BGB enthalte weder Verschuldens- noch sonst geeignete Elemente, die eine Berücksichtigung dieses Einwandes zuließen.  Treten zur Minderung der Miete führende Belästigungen in unterschiedlicher Intensität oder periodisch auf, könne dem durch die Bemessung der Minderungsquote Rechnung getragen werden.

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12. Nov 2019
Keine Mieterhöhung mit 20 Jahre altem Mietspiegel

Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist mangels Informationsgehaltes für den Mieter zur Begründung eines Mieterhöhungsbegehrens ungeeignet. Ein auf diese Weise begründetes Mieterhöhungsverlangen ist deshalb aus formellen Gründen nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.10.2019 (Az. VIII ZR 340/18) unwirksam. Im konkreten Fall hatte der Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen mit einem Mietspiegel der Stadt Magdeburg aus dem Jahr 1998 begründet.  Der Bundesgerichtshof führt aus, dass an die Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete zwar im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürften. Auch könne der Vermieter nach § 558a Abs. 4 S. 2 BGB einen veralteten Mietspiegel zur Begründung heranziehen, wenn ein aktualisierter Mietspiegel nicht vorhanden sei. Aus dieser Regelung folge allerdings nicht, dass das Alter des Mietspiegels bedeutungslos wäre, der Vermieter somit einen beliebig veralteten Mietspiegel zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens heranziehen könne, sofern nur ein neuer Mietspiegel nicht erstellt beziehungsweise eine Aktualisierung nicht vorgenommen worden sei. Für die formelle Wirksamkeit eines Mietverhöhungsverlangens komme es darauf an, ob einem alten Mietspiegel noch ein Informationsgehalt entnommen werden könne. Dies sei jedenfalls bei einem zum Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens fast 20 Jahre alten Mietspiegel nicht der Fall. Die Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richte, unterlägen typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel. So könnten etwa im Laufe der Zeit bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung besonderen Wert verleihen und deshalb Gegenstand eines Mietspiegels sind, zur Standardausstattung werden. Auch könne die Bewertung einer (Wohn-)Lage durch mit der Zeit auftretende strukturelle Veränderungen beeinflusst werden. Entsprechende Veränderungen könnten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete anhand eines 20 Jahre nicht aktualisierten Mietspiegels naturgemäß keine Berücksichtigung finden. Dies führe dazu, dass es dem Mietspiegel insoweit am notwendigen Informationsgehalt fehle und deshalb eine Entscheidung über die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens nicht getroffen werden könne.

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04. Nov 2019
Einstellung der Räumungsvollstreckung bei Gewerbe

Das Landgericht Leipzig hatte den beklagten Mieter von Gewerberäumen zum Betrieb einer Apotheke verurteilt, die von ihm aufgrund eines zwischenzeitlich ordentlich gekündigten Mietvertrags in Besitz gehaltenen Geschäftsräume zu räumen und an die Klägerin und Vermieterin herauszugeben. Das Oberlandesgericht hatte die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen, Die Revision wurde nicht zugelassen. Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragte der Beklagte, die Zwangsvollstreckung der Räumungs- und Herausgabeverpflichtung aus dem Urteil des Landgerichts einstweilen einzustellen. Der Bundesgerichtshof entscheidet mit Beschluss vom 16.10.2019 (Az. XII ZR 101/19) zugunsten der Vermieterin.  Werde Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so könne die Vollstreckung einstweilen eingestellt werden, wenn die Räumung dem Mieter einen nicht zu ersetzenden Nachteil brächte.. Diese besonderen Voraussetzungen für eine solche Einstellung wurden verneint.  Die Verpflichtung zur Räumung bringe für sich gesehen keinen "nicht zu ersetzenden Nachteil" im Sinne der gesetzlichen Vorschriften.  Entgegen der Auffassung des Mieters ergebe sich ein über die Vorwegnahme des Prozessergebnisses hinausgehender nicht zu ersetzender Nachteil vorliegend nicht dadurch, dass dem Mieter durch die Räumung die Geschäftsräume zum Betrieb seiner Apotheke entzogen würden. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm seit Zugang der ordentlichen Kündigung nicht möglich gewesen sein solle, Ersatzräume zum Betrieb der Apotheke zu finden.  Im Übrigen sei im Mietvertrag ausdrücklich geregelt, dass das Mietverhältnis, das sich nach Ablauf einer Befristung von 10 Jahren ohne Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert, unter Einhaltung der vertraglich näher bestimmten Kündigungsfrist jederzeit ordentlich gekündigt werden kann. Der Einstellung der Zwangsvollstreckung mit oder ohne Sicherheitsleistung stehe zudem ein überwiegendes Interesse der Vermieterin entgegen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass beide Tatsacheninstanzen zu ihren Gunsten entschieden hätten. Zudem wurde die Klägerin, die ihrerseits nur Hauptmieterin sei, in dem sich auch die vom Beklagten angemietete Ladeneinheit befinde, durch weiteres Urteil des Landgerichts auf Antrag des Hauptvermieters (neben dem beklagten Mieter) zur Räumung und Herausgabe der Geschäftsräume verpflichtet.

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23. Okt 2019
Bereitstellung von Hör- und Sehfunk

Hat der Vermieter in einem Mietvertrag die Verpflichtung übernommen, die Wohnung mit "Hör- und Sehfunk" zu versorgen, stellt nach Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 08.10.2019 (Az. 425 C 5770/19 Sch.) die Einstellung der Versorgung mit dem Verweis auf die Möglichkeit, individuelle Versorgungsverträge abzuschließen, einen Mangel der Wohnung dar. Die Höhe der Minderung wird mit 10% als angemessen festgestellt.  Die Vereinbarung im Mietvertrag sei eindeutig. Danach schulde der Vermieter die Versorgung mit Hör- und Sehfunk. Das heute diese Begrifflichkeiten so nicht mehr benutzt würden sei dabei unerheblich. Entscheidend sei das Gewollte. Diese vertragliche Verpflichtung sei auch nicht nachträglich entfallen. Mit dem Mauerfall, wie der Vermieter meine, habe dies zumindest in den alten Bundesländern nichts zu tun. Dass sich die technischen Rahmenbedingungen geändert hätten, ändere ebenfalls nichts an der Verpflichtung. Dem Vermieter sei es ohne Weiteres möglich, die Wohnung mit Sendern zu versorgen. Auch die Tatsache, dass heute häufig die Versorgung von den Mietern selbst durch Individualverträge geregelt werde, änder nichts an der vorliegend vereinbarten Regelung. Das Risiko der technischen Veränderung falle einseitig in den Risikobereich des Vermieters. Das Amtsgericht bewertet die Gebrauchsbeeinträchtigung, die von der fehlenden Versorgung mit Radio- und Fernsehprogrammen ausgeht, mit 10%. In der Rechtsprechung würden Quoten zwischen 5% und 15% ausgewiesen. Dabei habe das erkennende Gericht berücksichtigt, dass von breiten Bevölkerungsschichten der Fernsehkonsum zu einer Hauptbeschäftigung in der Wohnung zähle. Der Gebrauch der Wohnung sei deshalb bei fehlender Fernsehversorgung erheblich eingeschränkt.

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16. Okt 2019
Haftung des Erben bei Nachlasspflegschaft

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.09.2019 (Az. VIII ZR 138/18) einen nicht ganz alltäglichen Fall entschieden, der miet- und erbrechtlichen Bezug aufweist.   Der ursprüngliche Mieter und verstorbene Bruder des beklagten Erben starb im August 2014. Auf Antrag des Erben wurde durch das zuständige Amtsgericht am 12. November 2015 die sog. Nachlassverwaltung angeordnet. Es handelt sich dabei um eine durch das Nachlassgericht angeordnete Pflegschaft und dient insbesondere bei unübersichtlichem Nachlass der Trennung des eigenen Vermögens des Erben vom Nachlass. Mit der Anordnung der Pflegschaft geht allerdings die Befugnis, über den Nachlass zu verfügen, vom Erben auf den Nachlasspfleger über.   Der Bundesgerichtshof erläutert, dass der Bruder als Erbe grundsätzlich für alle aus dem Mietverhältnis resultierenden Verbindlichkeiten hafte. Auch die erst nach dem Tod des Mieters fällig werdenden Forderungen des Vermieters - vorliegend die Mieten sowie die Nutzungsentschädigung - seien „vom Erblasser herrührende Schulden“ im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB, sogenannte Erblasserschulden. Der Zugriffsmöglichkeit des Vermieters unterliege dabei zunächst sowohl der Nachlass als auch das Eigenvermögen des Erben.  Der Erbe könne allerdings diese grundsätzlich unbeschränkte Haftung mit der Folge beschränken, dass nur noch der Nachlass, nicht jedoch der Erbe mit seinem eigenen Vermögen hafte, § 1975 BGB. Eine Möglichkeit, die durch die Erbschaft eintretende Vermögensverschmelzung zwischen dem ererbten Vermögen und dem Eigenvermögen rückgängig zu machen, sei die hier angeordnete Nachlassverwaltung.   Diese Haftungsbeschränkung erstrecke sich jedoch dem Sinn und Zweck nach nicht auf solche Forderungen, für die der Erbe nicht nur also solcher, sondern auch persönlich hafte. Dies sei konkret bei sog. Nachlasserbenschulden der Fall, also bei solchen Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingehe. Handele es sich um einen Fall nicht ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses, hafte der Erbe persönlich mit seinem Vermögen.   Hier war fraglich, ob die durch den Erben nicht erklärte Kündigung der Wohnung des verstorbenen Mieters nach § 564 S. 2 BGB eine solche nicht ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstelle, die zu einer Haftung des Bruders als Erben führe. Dies ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht der Fall, der Erbe hafte also nicht für die Miete bzw. Nutzungsentschädigung.   Allein die Nichtausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts durch den Erben führe nicht dazu, dass danach fällig werdende Forderungen aus dem Dauerschuldverhältnis Nachlasserbenschulden beziehungsweise Eigenverbindlichkeiten würden. Insbesondere sei allein dem Verstreichenlassen der Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung ein dem stillschweigenden Abschluss eines Mietvertrages gleichzusetzender rechtsgeschäftlicher Erklärungswert nicht beizumessen.  Der Zweck des § 564 S. 2 BGB liege darin, der fehlenden persönlichen (vertraglichen) Verbindung zwischen dem Vermieter und dem Erben Rechnung zu tragen. Trete der bisher nicht in einer solchen Verbindung zum Vermieter stehende Erbe in das Mietverhältnis ein, gewähre § 564 S. 2 BGB jeder Vertragspartei das Recht zur außerordentlichen Kündigung.  Dieses Recht sei jedoch keine Pflicht. Es räume dem Erben lediglich die Möglichkeit ein, sich aus dem Mietverhältnis, in das er eingetreten ist, zu lösen. Eine darüberhinausgehende Zielsetzung, Klarheit darüber zu schaffen, wer künftig und endgültig Schuldner der dem verstorbenen Mieter obliegenden Pflichten sei, wohne der Vorschrift nicht inne. Für eine solche Klarstellung bestehe auch kein Bedürfnis, da die erbrechtlichen Vorschriften die Rechte- und Pflichtenstellung regelten. Die Kündigungsmöglichkeit des § 564 S. 2 BGB schütze somit lediglich die Interessen beider Vertragspartner an Neudispositionen, begründe im Falle ihrer Nichtausübung jedoch nicht die Eigenhaftung des Erben.Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.09.2019, Az. VIII ZR 138/18

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10. Okt 2019
Härtefall bei Modernisierungsmieterhöhung

§ 559 Abs. 4 S. 1 BGB lautet: "Die Mieterhöhung ist ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.". Im konkreten Fall ließ die beklagte Vermieterin Dämmungsarbeiten an der obersten Geschossdecke und der Außenfassade durchführen, ersetzte die bisherigen Balkone durch größere Balkone mit einer Fläche von jeweils ca. 5 qm und nahm einen seit den 1970er Jahren stillgelegten Fahrstuhl wieder in Betrieb. Gegen die Mieterhöhungserklärung wandte der Mieter ein, dass die Mieterhöhung für ihn eine finanzielle Härte bedeute. Die Wohnung wurde im Jahr 1962 von den Eltern des Mieters angemietet. Der Mieter bezieht Arbeitslosengeld II. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil vom 09.10.2019 (Az. VIII ZR 21/19) zunächst fest, dass die Unangemessenheit einer Wohnungsgröße nicht isoliert nach einer bestimmten Größe für die jeweilige Anzahl der Bewohner bestimmt werden könne. Die Vermieterin vertrat die Ansicht, dass eine Härtefall schon deshalb nicht vorliegen könne, weil die Wohnung für den Mieter zu groß sei. Vielmehr komme es darauf an, ob die vom Mieter genutzte Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – etwa auch der Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seiner gesundheitlichen Verfassung - für seine Bedürfnisse deutlich zu groß sei. Hierzu habe das Berufungsgericht zutreffend als maßgeblichen Gesichtspunkt berücksichtigt, dass der Mieter schon seit dem Jahr 1962 und mithin seit rund 55 Jahren in der Wohnung lebe und ihm deshalb entgegen der Auffassung der Vermieterin nicht vorgehalten werden könne, dass er schon seit Beginn des Mietverhältnisses "über seine Verhältnisse" lebe.   Das Berufungsurteil wurde dennoch aufgehoben, weil keine ausreichenden Feststellungen zum Vorliegen der Ausnahmefälle des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB getroffen worden seien, bei deren Vorliegen ein Härteeinwand des Mieters gesetzlich ausgeschlossen sei. Liegen diese Voraussetzungen also vor, kann sich der Mieter von vornherein nicht auf einen Härtefall berufen. Die Regelungen lauten: "Eine Abwägung nach Satz 1 findet nicht statt, wenn 1.die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wurde, der allgemein üblich ist, oder 2.die Modernisierungsmaßnahme auf Grund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte.". Bezüglich der Modernisierungsmaßnahme "Vergrößerung der Balkone auf 5 qm" habe das Berufungsgericht keine tragfähigen Feststellungen zu der entscheidenden Frage getroffen, ob Balkone dieser Größe allgemein üblich, also bei mindestens 2/3 aller vergleichbaren Gebäude gleichen Alters unter vergleichbaren Verhältnissen in der Region anzutreffen seien. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ließe sich allein aus dem Umstand, dass der Berliner Mietspiegel einen Balkon ab 4 qm Fläche als wohnwerterhöhendes Merkmal einstufe, keine verlässlichen Schlussfolgerungen ziehen.  Hinsichtlich der Modernisierungsmaßnahme "Fassadendämmung" habe das Berufungsgericht verkannt, dass § 9 Abs. 1 EnEV dem Eigentümer im Falle der Erneuerung des Außenputzes an Fassadenflächen zwar vorgebe, Wärmedämmungsmaßnahmen durchzuführen, ihm aber eine Verpflichtung, den Außenputz zu erneuern, gerade nicht auferlege. Vielmehr stehe es regelmäßig im freien Belieben des Vermieters, ob und wann er eine Erneuerung des Außenputzes vornehme. Erst wenn er sich hierzu entschlossen habe, verpflichte ihn das Gesetz zur Einhaltung bestimmter Wärmedämmwerte.  § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB schließt den Härteeinwand des Mieters aber nur dann aus, wenn der Vermieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme nicht zu vertreten habe, sich ihr also aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften nicht entziehen könne. Es kommt daher darauf an, ob für den Vermieter eine Erneuerung des Außenputzes "unausweichlich" sei, etwa weil dieser aufgrund altersbedingten Verschleißes zu erneuern ist und sich der Vermieter zudem einem berechtigten Instandsetzungsbegehren des Mieters oder einer behördlichen Anordnung ausgesetzt sieht beziehungsweise die Beseitigung von Schäden dringend aus Sicherheitsgründen geboten ist. Nur im Falle einer solchen "Unausweichlichkeit" befindet sich der Vermieter in einer Zwangslage, die den Ausschluss des Härteeinwands des Mieters rechtfertigt. Das Urteil zeigt, dass die Parteien des Mietvertrages und auch die Gerichte sorgfältig prüfen müssen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Härtefallklausel für den Mieter vorliegen oder nicht. 

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02. Okt 2019
Zustand der Wohnung bei Besichtigung maßgeblich

Nach Beschluss des Landgerichts Berlin vom 08.08.2019 (Az. 67 S 131/19) gilt der Zuschnitt und die Ausstattung der Mietsache, die der Mieter zum Zeitpunkt der letzten Besichtigung vor Abschluss des Mietvertrages oder zu Beginn des Mietverhältnisses vorgefunden hat, auch ohne ausdrückliche Regelung als vereinbart.  Im konkreten Fall hatte der Vermieter im Verlauf des Mietverhältnisses Grundriss- und sonstige Veränderungen an der Wohnung vorgenommen. Diese Maßnahmen stellen nach Ansicht des Gerichts einen Mangel der Mietsache dar. Der Vermieter könne diesen vertragsgemäßen Sollzustand nicht ohne gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Grundlage nachträglich ändern.  Der Vermieter sei also zur Mangelbeseitigung und damit zum Rückbau verpflichtet. Diese Verpflichtung können nur ausnahmsweise bei Überschreiten der sog. Opfergrenze ausgeschlossen sein, die jedoch nur einzelfallabhängig und sehr zurückhaltend angenommen werden könne. Landgericht Berlin, Beschluss vom 08.08.2019 (Az. 67 S 131/19)

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26. Sep 2019
Der Verwaltungsbeirat im Wohnungseigentumsrecht

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 02.09.2019 (Az. 2-09 S 51/18) zu einigen wohnungseigentumsrechtlichen Fragen den Verwaltungsbeirat betreffend Stellung genommen.   Ein Eigentümerbeschluss, mit dem einem Verwaltungsbeirat Entlastung erteilt werde, widerspreche dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Ansprüche gegen den Beirat erkennbar in Betracht kämen und nicht aus besonderen Gründen Anlass bestehe, auf diese möglichen Ansprüche zu verzichten.   Welche Funktionen kommen dem Verwaltungsbeirat gesetzlich zu? Gemäß § 29 Abs. 2 WEG habe der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Der Verwaltungsbeirat habe insoweit aber lediglich eine vorbereitende und beratende Funktion (z.B. Vorbereitung der Eigentümerversammlung, gemeinsame Erstellung der Tagesordnung, Mitarbeit bei der Auswertung von Sanierungsangeboten, Vermittlung bzw. Streitschlichtung zwischen Eigentümern und Verwalter oder innerhalb der Eigentümergemeinschaft) und sei Vermittlungsstelle zwischen den Eigentümern und dem Verwalter.  Zur Erteilung von Weisungen an den Verwalter oder Miteigentümer sei der Verwaltungsbeirat nicht berechtigt, d.h. erteile der Verwaltungsbeirat Weisungen gegenüber dem Verwalter, sei dieser nicht verpflichtet, diese Weisungen zu beachten, zu befolgen und zu erfüllen. Enthalte die Gemeinschaftsordnung keine abweichende Bestimmung, sei der Verwaltungsbeirat nicht verpflichtet, den Verwalter zu überwachen.   Ein Beschluss über die Wiederbestellung eines Verwaltungsbeirats müsse dann vom Gericht für ungültig erklärt werden, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwaltungsbeirat verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit mit ihm unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von Anfang an nicht gegeben sei. Dabei seien an das Vorliegen eines solchen Grundes im Regelfall strengere Anforderungen zu stellen als bei der Abberufung des Verwaltungsbeirats aus wichtigem Grund, da sich die Wohnungseigentümer gerade bei einer Wiederbestellung für den Verwaltungsbeirat entschieden hätten und in die Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft nur aus wichtigem Grund eingegriffen werden dürfe.Landgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 02.09.2019, Az. 2-09 S 51/18

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16. Sep 2019
Abstandszahlung durch Vermieter bei Veräußerung

§ 566 BGB ist in der Praxis eine wichtige Regelung („Kauf bricht nicht Miete“). Sie lautet in Abs. 1: „Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.“.  Der neue Eigentümer tritt also als neuer Vermieter in den bestehenden Mietvertrag kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer Änderung der vertraglichen Grundlagen bedarf. Allerdings schränkt die Vorschrift bereits selbst den Umfang dahingehend ein, dass der neue Eigentümer nur in die „sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechten und Pflichten eintritt.“. Diese Begrenzung wird in der Praxis nur selten relevant.   Dem Oberlandesgericht Jena lag allerdings in mit Urteil vom 30.08.2019 entschiedenem Fall (Az. 4 U 858/18) ein Sachverhalt vor, bei dem der bisherige Vermieter noch vor der Veräußerung an den neuen Vermieter dem Mieter für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses die Zahlung eines Geldbetrages versprochen hatte. War nun die Zahlung vom alten oder neuen Eigentümer zu leisten?  Nach Ansicht des Oberlandesgerichts bleibt der bisherige Eigentümer auch nach der Veräußerung dem Mieter gegenüber zur Zahlung verpflichtet. Von § 566 BGB würden nur solche Rechte und Pflichten erfasst, die als mietrechtlich zu qualifizieren seien oder die in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stünden. Der Erwerber trete deshalb nicht in Rechte und Pflichten ein, die außerhalb des Mietverhältnisses lägen, selbst wenn sie als zusätzliche Vereinbarung im Mietvertrag geregelt seien.  Im Ergebnis habe sich der Mieter sein Einverständnis mit einer verkürzten Mietzeit vom alten Vermieter abkaufen lassen. Die Entschädigung für die Verkürzung der Mietzeit sei für sich alleine aber keine Leistung oder Verpflichtung aus dem auslaufenden Mietverhältnis. Danach liege eine mietrechtliche Qualifizierung der Vereinbarung fern.

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11. Sep 2019
Entfernung von Tapeten durch Mieter: Schaden

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.08.2019 (Az. VIII ZR 263/17) über einen Sachverhalt entschieden, in dem der Mieter  - ohne zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet zu sein - in der Mietsache teilweise Tapeten von den Wänden entfernt hatte, ohne die damit begonnene Renovierung der Wände zu Ende zu führen.  Der Bundesgerichtshof nimmt auf seine Rechtsprechung aus dem Vorjahr Bezug, nach der eine Pflichtverletzung des Mieters darin liegt, dass er ohne anschließend neue Tapeten anzubringen in der Mietwohnung vorgefundene Tapeten ganz oder teilweise entfernt.  Der Vermieter müsse zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs dem Mieter vorab keine Frist setzen.  Bei der Pflicht des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere die Räume aufgrund der aus der Übertragung des Besitzes an der Wohnung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann, handele es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen begründe. Allerdings könne für die anzusetzende Höhe des Schadensersatzes nicht ohne Weiteres unabhängig vom Zustand und Alter der Tapeten vom Wert neuer Tapeten ausgegangen werden mit der Begründung,  dass in die Entscheidungsfreiheit des Vermieters eingegriffen werde, ob die Mietsache mit einer renovierungsbedürftigen Dekoration weitervermietet werden solle oder nicht. 

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