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20. Dez 2019
Formelle Rechtmäßigkeit einer Mieterhöhung

Das Amtsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 18.12.2019 (Az. 49 C 213/18) zur formellen Ordnungsmäßigkeit eines durch die Vermieterseite erklärten Mieterhöhungsverlangens Stellung genommen. In der Stadt Hamburg wurde zur Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete im konkreten Fall Bezug auf den vorhandenen qualifizierten Mietspiegel genommen.   Allgemeine Anforderungen Ein Mieterhöhungsverlangen sei nach § 558a BGB formell ordnungsgemäß, wenn dem Mieter die Tatsachen mitgeteilt würden, die er benötige, um die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung auf ihre Berechtigung zumindest ansatzweise überprüfen zu können.  Daher genüge zur Begründung des Mieterhöhungsbegehrens  in formeller Hinsicht, dass das Mieterhöhungsschreiben Angaben über die Tatsachen enthalte, aus denen der Vermieter die Berechnung der Mieterhöhung herleite. Dabei müssten dem Mieter so viele Informationen gegeben werden, dass dieser die Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachvollziehen und zumindest ansatzweise überprüfen könne.  Stütze ein Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen auf einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne von § 558 d BGB, müsse er lediglich erkennen lassen, wie er die Einordnung in den Mietenspiegel vorgenommen habe. Insoweit genüge die Eingruppierung in ein konkretes Mietenspiegelfeld. Ausführungen zum energetischen Zustand der Wohnung  - wie in diesem Fall von der Mieterseite behauptet - seien für eine formal ordnungsgemäß begründete Mieterhöhung auf Grundlage eines qualifizierten Mietenspiegels nicht erforderlich.  Hinsichtlich der hier ebenfalls streitigen Berechnung der Wohnfläche führt das Amtsgericht Hamburg aus: Die Flächenberechnung unterscheide sich im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete signifikant von der Flächenberechnung im Rahmen des Gewährleistungsrechtes zur Minderung der Miete nach § 536 BGB.  Berechnung der Wohnfläche Bei der Frage, ob ein Mangel der Wohnung bei Angabe einer Wohnfläche im Mietvertrag vorliege, sei dies bei frei finanziertem Wohnraum in der Tat anhand der für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Bestimmungen festzulegen Dabei gab § 44 Abs. 2 der II. Berechnungsverordnung dem Vermieter die Wahl die Wohnfläche mit der Hälfte zu berücksichtigen. Insoweit wäre die Frage, ob es vorliegend einen Mangel der Wohnung in Form einer Wohnflächenabweichung gibt, tatsächlich anhand der Berechnung der Wohnfläche zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses, zu bewerten.  Streitgegenständlich sei jedoch vorliegend die Abgabe einer Willenserklärung auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB komme es nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. § 558 BGB solle es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen.  Für den Vergleich sei deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen könnten, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt.  Wenn der Vermieter jedoch seinen Mietzins durch einen Vergleich mit einer ortsüblichen Vergleichsmiete des qualifizierten Mietenspiegels bestimmen könne, müsse das Wohnwertmerkmal der Wohnungsgröße daher einheitlich nach der Wohnflächenverordnung bestimmt werden. Ansonsten würden Flächen mit unterschiedlichen Bewertungskriterien verglichen.

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16. Dez 2019
Eltern-Kind-Zentrum in gemischter WEG zulässig

Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Ihre Wohnung befindet sich im ersten Obergeschoss. Der Beklagte – ein eingetragener Verein – ist Mieter einer unmittelbar darunter im Erdgeschoss belegenen Teileigentumseinheit, die nach der Teilungserklärung aus dem Jahr 1987 als "Laden mit Lager" genutzt werden darf.  Dort betreibt er ein sog. Eltern-Kind-Zentrum. Dessen Ziel ist es laut Satzung des Beklagten unter anderem, der zunehmenden Isolation von Eltern entgegenzuwirken, die sich aus der Situation der Familien in der Großstadt ergibt. Geöffnet ist das Zentrum montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 18.00 Uhr. Samstags treffen sich von 10.30 Uhr bis 12.30 Uh Kinder von 4 bis 6 Jahren und einmal pro Monat von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr die "Girl Scouts". Unregelmäßig finden Kinderfeiern, z.B. Faschingsfeiern, Flohmärkte und Vorträge statt.  Der Betrieb eines solchen Eltern-Kind-Zentrum ist nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.12.2019 (Az, V ZR 203/18) im konkreten Fall zulässig.  Dass die Kläger gleichwohl keine Unterlassung der Nutzung verlangen können, beruhe auf der Ausstrahlungswirkung des § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG auf das Wohnungseigentumsrecht. Nach dieser Bestimmung seien Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen, wie beispielsweise Ballspielplätzen, durch Kinder hervorgerufen würden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Dies sei regelmäßig auch bei der Prüfung zu beachten, ob eine nach der Teilungserklärung ausgeschlossene Nutzung dennoch zulässig sei, weil sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr störe als die vorgesehene Nutzung, und zwar auch dann, wenn die Teilungserklärung vor dem Inkrafttreten von § 22 Abs. 1a BImSchG errichtet worden sei. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Nutzung der Einheiten als Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen sei. So liegt es beispielsweise, wenn eine Anlage nach der Teilungserklärung als sog. Ärztehaus konzipiert sei, denn die Nutzung einer Einheit als Kindertageseinrichtung widerspräche unabhängig von ihrem Störungspotential dem professionellen Charakter einer solchen Anlage. Ausnahmen lägen hier aber nicht vor, weil es um die Nutzung einer Teileigentumseinheit in einer gemischten Anlage gehe, in der sowohl eine Wohnnutzung stattfindet als auch Teileigentumseinheiten vorhanden seien, die als Büros und Läden genutzt werden dürften.  Nur ein offenes Verständnis entspräche dem gesetzgeberischen Ziel, durch § 22 Abs. 1a BImSchG eine Privilegierung von "grundsätzlicher Natur" zu schaffen und vor dem Hintergrund, dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot stehe, ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen. Bleiben die insoweit privilegierten Geräuscheinwirkungen außer Betracht, gingen bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die mit dem Betrieb des Eltern-Kind-Zentrums verbundenen Störungen nicht über das hinaus, was bei dem Betrieb eines Ladens regelmäßig zu erwarten sei.

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10. Dez 2019
Keine Vermietung "nur an Deutsche"

Der klagende aus Burkina Faso stammende Mietinteressent reagierte auf eine Anzeige des beklagten Vermieters, die den folgenden Wortlaut hatte:  „… 1 ZKB 40 m² sofort 394,- 102,- EBK m.F., Laminat, Garage auf Wunsch, an Deutsche, …“ Es erfolgten Anrufe des Klägers zu einem Zeitpunkt, als die Wohnung noch nicht vergeben war. Das Amtsgericht Augsburg hat dem Mietinteressenten mit Urteil vom 10.12.2019 (Az. 20 C 2566/19) einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von € 1.000 zugesprochen.  Das Gericht führt aus, dass der Vermieter den Kläger aufgrund seiner Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt habe (§ 19 Abs. 2 AGG), indem der Vermieter sämtliche „Nicht-Deutsche“ von der Eingehung eines Vertragsverhältnisses ausschloss und daher den Kläger aufgrund seiner Rasse oder ethnischen Herkunft als Mieter ablehnte.  Das Amtsgericht hält also das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für anwendbar, da der Vermieter durch die Internetanzeige aus dem rein privaten Bereich herausgetreten sei. Die zugesprochene Entschädigung diene der Genugtuung für die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Vermieter wurde auch zur Unterlassung zukünftiger Benachteiligungen verurteilt. Da er mehrere Wohnungen vermiete und bereits eine Benachteiligung erfolgt sei sah das Gericht die Gefahr, dass auch in Zukunft freiwerdende Wohnungen zur Vermietung „an Deutsche“ inseriert würden. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Beklagten Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.

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27. Nov 2019
Gemeinde mietet Flüchtlingsunterkunft: Wohnraum?

Ein Mietvertrag, den eine Gemeinde abgeschlossen hat, um in dem Mietobjekt ihr zugewiesene Flüchtlinge unterbringen zu können, ist unbeschadet seiner Bezeichnung kein Wohnraummietvertrag. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23.10.2019 (Az. XII ZR 125/18) entschieden.  Nach Ansicht des Gerichts ist auch eine in einem solchen Vertrag enthaltene formularmäßige Klausel, mit der für beide Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen wird, nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Allgemeines Mietverhältnis Bei dem vereinbarten Mietvertrag handele es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis im Sinne des § 549 Abs. 1 BGB, sondern um ein allgemeines Mietverhältnis gemäß § 535 BGB. Das hier zur Beurteilung stehende Vertragsformular sei zwar als „Mietvertrag über Wohnräume“ überschrieben und verschiedene Bestimmungen des Mietvertrags legten nahe, dass die Parteien das Mietverhältnis den Regelungen über die Wohnraummiete unterstellen wollten. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliege, sei jedoch auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolge.   Wohnraummiete liege vor, wenn die Räume dem Mieter vertragsgemäß zur Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse und/oder der Wohnbedürfnisse seiner Familie dienen sollen. Erfolge die Vermietung zu Zwecken, die keinen unmittelbaren Wohnraumcharakter haben, sei hingegen allgemeines Mietrecht maßgebend.   Die Gemeinde habe die Immobilie angemietet, um dort den Wohnbedarf der ihr zugewiesenen Flüchtlinge decken zu können. Der Zweck der Anmietung sei deshalb nicht darauf gerichtet, selbst die Räume zu Wohnzwecken zu nutzen, zumal eine juristische Person keinen eigenen Wohnbedarf haben könne. Der vertragsgemäße Gebrauch der Gemeinde beziehe sich vielmehr darauf, die angemieteten Räumlichkeiten zugewiesenen Flüchtlingen zu Wohnzwecken überlassen zu dürfen.   Langer Kündigungsausschluss Liege demnach kein Wohnraummietverhältnis vor, werde die Gemeinde durch den vereinbarten Kündigungsausschluss auf die Dauer von 60 Monaten auch nicht nach den Vorschriften über die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen benachteiligt. Die Höchstgrenze von vier Jahren aus dem Wohnraummietrecht gelte hier nicht.   Keine fristlose Kündigung Die Gemeinde konnte auch aufgrund des starken Rückgangs der Flüchtlingszahlen das Mietverhältnis nicht außerordentlich kündigen. Etwaige gemeinsame Vorstellungen der Parteien über die zukünftige Nutzung des Mietobjekts reichten ebenso wenig wie die Erwartung der Gemeinde hinsichtlich der Anzahl von unterzubringenden Flüchtlingen aus, um abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrags, eine Verlagerung des Verwendungsrisikos auf den Vermieter zu rechtfertigen. Auch dem Vertragsinhalt seien keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Parteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos von der Mieter auf die Vermieterseite vereinbaren wollten. Hätten die Vertragsparteien die Bindungswirkung des Vertrags vom tatsächlichen Bedarf der Gemeinde an Wohnraum für zugewiesene Flüchtlinge abhängig machen wollen, hätte es nahegelegen, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung hierfür Vorsorge zu treffen.

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19. Nov 2019
Mietmangel bei Baulärm vom Nachbargrundstück

Ist der Mieter zur Minderung berechtigt, wenn der von dem Nachbargrundstück ausgehende Baulärm durch den Vermieter selbst verursacht wird? Nach Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.10.2019 (Az. 65 S 99/19) ist dies der Fall.   Nach der Vorschrift des § 536 Abs. 1 BGB sei die Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihr Tauglichkeit zu vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder erheblich mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht.  Ein Mangel der Mietsache sei gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimme sich vorrangig nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung könnten dabei auch Umstände sein, die - als sog. Umweltfehler - von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken, wie etwa Immissionen. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit fehlten, werde der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 BGB, nach der Verkehrsanschauung bestimmt.  Anders verhalte es sich jedoch, wenn die vom Nachbargrundstück ausgehenden Lärmbelästigungen nicht durch einen Dritten, sondern - wie hier - durch den Vermieter selbst verursacht würden, weil er der Bauherr ist. Die Mietminderung trete dann - der gesetzlichen Anordnung in § 536 Abs. 1 BGB gemäß - kraft Gesetzes ein. Unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung begründeten nur nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen durch Dritte und auch nur dann keinen zur Mietminderung führenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- und Entschädigungsmöglichkeit (als unwesentlich und ortsüblich im Sinne des § 906 BGB) hinnehmen müsse.  Entscheidend sei also, dass die vom Nachbargrundstück ausgehenden Geräuschimmissionen hier nicht durch Dritte, sondern durch die Vermieterseite als auch Bauherrin verursacht würden. Der Umstand,  dass dringend benötigter Wohnraum geschafft würde, sei ohne Bedeutung, denn § 536 Abs. 1 BGB enthalte weder Verschuldens- noch sonst geeignete Elemente, die eine Berücksichtigung dieses Einwandes zuließen.  Treten zur Minderung der Miete führende Belästigungen in unterschiedlicher Intensität oder periodisch auf, könne dem durch die Bemessung der Minderungsquote Rechnung getragen werden.

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12. Nov 2019
Keine Mieterhöhung mit 20 Jahre altem Mietspiegel

Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist mangels Informationsgehaltes für den Mieter zur Begründung eines Mieterhöhungsbegehrens ungeeignet. Ein auf diese Weise begründetes Mieterhöhungsverlangen ist deshalb aus formellen Gründen nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.10.2019 (Az. VIII ZR 340/18) unwirksam. Im konkreten Fall hatte der Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen mit einem Mietspiegel der Stadt Magdeburg aus dem Jahr 1998 begründet.  Der Bundesgerichtshof führt aus, dass an die Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete zwar im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürften. Auch könne der Vermieter nach § 558a Abs. 4 S. 2 BGB einen veralteten Mietspiegel zur Begründung heranziehen, wenn ein aktualisierter Mietspiegel nicht vorhanden sei. Aus dieser Regelung folge allerdings nicht, dass das Alter des Mietspiegels bedeutungslos wäre, der Vermieter somit einen beliebig veralteten Mietspiegel zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens heranziehen könne, sofern nur ein neuer Mietspiegel nicht erstellt beziehungsweise eine Aktualisierung nicht vorgenommen worden sei. Für die formelle Wirksamkeit eines Mietverhöhungsverlangens komme es darauf an, ob einem alten Mietspiegel noch ein Informationsgehalt entnommen werden könne. Dies sei jedenfalls bei einem zum Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens fast 20 Jahre alten Mietspiegel nicht der Fall. Die Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richte, unterlägen typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel. So könnten etwa im Laufe der Zeit bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung besonderen Wert verleihen und deshalb Gegenstand eines Mietspiegels sind, zur Standardausstattung werden. Auch könne die Bewertung einer (Wohn-)Lage durch mit der Zeit auftretende strukturelle Veränderungen beeinflusst werden. Entsprechende Veränderungen könnten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete anhand eines 20 Jahre nicht aktualisierten Mietspiegels naturgemäß keine Berücksichtigung finden. Dies führe dazu, dass es dem Mietspiegel insoweit am notwendigen Informationsgehalt fehle und deshalb eine Entscheidung über die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens nicht getroffen werden könne.

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04. Nov 2019
Einstellung der Räumungsvollstreckung bei Gewerbe

Das Landgericht Leipzig hatte den beklagten Mieter von Gewerberäumen zum Betrieb einer Apotheke verurteilt, die von ihm aufgrund eines zwischenzeitlich ordentlich gekündigten Mietvertrags in Besitz gehaltenen Geschäftsräume zu räumen und an die Klägerin und Vermieterin herauszugeben. Das Oberlandesgericht hatte die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen, Die Revision wurde nicht zugelassen. Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragte der Beklagte, die Zwangsvollstreckung der Räumungs- und Herausgabeverpflichtung aus dem Urteil des Landgerichts einstweilen einzustellen. Der Bundesgerichtshof entscheidet mit Beschluss vom 16.10.2019 (Az. XII ZR 101/19) zugunsten der Vermieterin.  Werde Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so könne die Vollstreckung einstweilen eingestellt werden, wenn die Räumung dem Mieter einen nicht zu ersetzenden Nachteil brächte.. Diese besonderen Voraussetzungen für eine solche Einstellung wurden verneint.  Die Verpflichtung zur Räumung bringe für sich gesehen keinen "nicht zu ersetzenden Nachteil" im Sinne der gesetzlichen Vorschriften.  Entgegen der Auffassung des Mieters ergebe sich ein über die Vorwegnahme des Prozessergebnisses hinausgehender nicht zu ersetzender Nachteil vorliegend nicht dadurch, dass dem Mieter durch die Räumung die Geschäftsräume zum Betrieb seiner Apotheke entzogen würden. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm seit Zugang der ordentlichen Kündigung nicht möglich gewesen sein solle, Ersatzräume zum Betrieb der Apotheke zu finden.  Im Übrigen sei im Mietvertrag ausdrücklich geregelt, dass das Mietverhältnis, das sich nach Ablauf einer Befristung von 10 Jahren ohne Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert, unter Einhaltung der vertraglich näher bestimmten Kündigungsfrist jederzeit ordentlich gekündigt werden kann. Der Einstellung der Zwangsvollstreckung mit oder ohne Sicherheitsleistung stehe zudem ein überwiegendes Interesse der Vermieterin entgegen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass beide Tatsacheninstanzen zu ihren Gunsten entschieden hätten. Zudem wurde die Klägerin, die ihrerseits nur Hauptmieterin sei, in dem sich auch die vom Beklagten angemietete Ladeneinheit befinde, durch weiteres Urteil des Landgerichts auf Antrag des Hauptvermieters (neben dem beklagten Mieter) zur Räumung und Herausgabe der Geschäftsräume verpflichtet.

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23. Okt 2019
Bereitstellung von Hör- und Sehfunk

Hat der Vermieter in einem Mietvertrag die Verpflichtung übernommen, die Wohnung mit "Hör- und Sehfunk" zu versorgen, stellt nach Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 08.10.2019 (Az. 425 C 5770/19 Sch.) die Einstellung der Versorgung mit dem Verweis auf die Möglichkeit, individuelle Versorgungsverträge abzuschließen, einen Mangel der Wohnung dar. Die Höhe der Minderung wird mit 10% als angemessen festgestellt.  Die Vereinbarung im Mietvertrag sei eindeutig. Danach schulde der Vermieter die Versorgung mit Hör- und Sehfunk. Das heute diese Begrifflichkeiten so nicht mehr benutzt würden sei dabei unerheblich. Entscheidend sei das Gewollte. Diese vertragliche Verpflichtung sei auch nicht nachträglich entfallen. Mit dem Mauerfall, wie der Vermieter meine, habe dies zumindest in den alten Bundesländern nichts zu tun. Dass sich die technischen Rahmenbedingungen geändert hätten, ändere ebenfalls nichts an der Verpflichtung. Dem Vermieter sei es ohne Weiteres möglich, die Wohnung mit Sendern zu versorgen. Auch die Tatsache, dass heute häufig die Versorgung von den Mietern selbst durch Individualverträge geregelt werde, änder nichts an der vorliegend vereinbarten Regelung. Das Risiko der technischen Veränderung falle einseitig in den Risikobereich des Vermieters. Das Amtsgericht bewertet die Gebrauchsbeeinträchtigung, die von der fehlenden Versorgung mit Radio- und Fernsehprogrammen ausgeht, mit 10%. In der Rechtsprechung würden Quoten zwischen 5% und 15% ausgewiesen. Dabei habe das erkennende Gericht berücksichtigt, dass von breiten Bevölkerungsschichten der Fernsehkonsum zu einer Hauptbeschäftigung in der Wohnung zähle. Der Gebrauch der Wohnung sei deshalb bei fehlender Fernsehversorgung erheblich eingeschränkt.

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16. Okt 2019
Haftung des Erben bei Nachlasspflegschaft

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.09.2019 (Az. VIII ZR 138/18) einen nicht ganz alltäglichen Fall entschieden, der miet- und erbrechtlichen Bezug aufweist.   Der ursprüngliche Mieter und verstorbene Bruder des beklagten Erben starb im August 2014. Auf Antrag des Erben wurde durch das zuständige Amtsgericht am 12. November 2015 die sog. Nachlassverwaltung angeordnet. Es handelt sich dabei um eine durch das Nachlassgericht angeordnete Pflegschaft und dient insbesondere bei unübersichtlichem Nachlass der Trennung des eigenen Vermögens des Erben vom Nachlass. Mit der Anordnung der Pflegschaft geht allerdings die Befugnis, über den Nachlass zu verfügen, vom Erben auf den Nachlasspfleger über.   Der Bundesgerichtshof erläutert, dass der Bruder als Erbe grundsätzlich für alle aus dem Mietverhältnis resultierenden Verbindlichkeiten hafte. Auch die erst nach dem Tod des Mieters fällig werdenden Forderungen des Vermieters - vorliegend die Mieten sowie die Nutzungsentschädigung - seien „vom Erblasser herrührende Schulden“ im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB, sogenannte Erblasserschulden. Der Zugriffsmöglichkeit des Vermieters unterliege dabei zunächst sowohl der Nachlass als auch das Eigenvermögen des Erben.  Der Erbe könne allerdings diese grundsätzlich unbeschränkte Haftung mit der Folge beschränken, dass nur noch der Nachlass, nicht jedoch der Erbe mit seinem eigenen Vermögen hafte, § 1975 BGB. Eine Möglichkeit, die durch die Erbschaft eintretende Vermögensverschmelzung zwischen dem ererbten Vermögen und dem Eigenvermögen rückgängig zu machen, sei die hier angeordnete Nachlassverwaltung.   Diese Haftungsbeschränkung erstrecke sich jedoch dem Sinn und Zweck nach nicht auf solche Forderungen, für die der Erbe nicht nur also solcher, sondern auch persönlich hafte. Dies sei konkret bei sog. Nachlasserbenschulden der Fall, also bei solchen Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingehe. Handele es sich um einen Fall nicht ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses, hafte der Erbe persönlich mit seinem Vermögen.   Hier war fraglich, ob die durch den Erben nicht erklärte Kündigung der Wohnung des verstorbenen Mieters nach § 564 S. 2 BGB eine solche nicht ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstelle, die zu einer Haftung des Bruders als Erben führe. Dies ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht der Fall, der Erbe hafte also nicht für die Miete bzw. Nutzungsentschädigung.   Allein die Nichtausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts durch den Erben führe nicht dazu, dass danach fällig werdende Forderungen aus dem Dauerschuldverhältnis Nachlasserbenschulden beziehungsweise Eigenverbindlichkeiten würden. Insbesondere sei allein dem Verstreichenlassen der Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung ein dem stillschweigenden Abschluss eines Mietvertrages gleichzusetzender rechtsgeschäftlicher Erklärungswert nicht beizumessen.  Der Zweck des § 564 S. 2 BGB liege darin, der fehlenden persönlichen (vertraglichen) Verbindung zwischen dem Vermieter und dem Erben Rechnung zu tragen. Trete der bisher nicht in einer solchen Verbindung zum Vermieter stehende Erbe in das Mietverhältnis ein, gewähre § 564 S. 2 BGB jeder Vertragspartei das Recht zur außerordentlichen Kündigung.  Dieses Recht sei jedoch keine Pflicht. Es räume dem Erben lediglich die Möglichkeit ein, sich aus dem Mietverhältnis, in das er eingetreten ist, zu lösen. Eine darüberhinausgehende Zielsetzung, Klarheit darüber zu schaffen, wer künftig und endgültig Schuldner der dem verstorbenen Mieter obliegenden Pflichten sei, wohne der Vorschrift nicht inne. Für eine solche Klarstellung bestehe auch kein Bedürfnis, da die erbrechtlichen Vorschriften die Rechte- und Pflichtenstellung regelten. Die Kündigungsmöglichkeit des § 564 S. 2 BGB schütze somit lediglich die Interessen beider Vertragspartner an Neudispositionen, begründe im Falle ihrer Nichtausübung jedoch nicht die Eigenhaftung des Erben.Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.09.2019, Az. VIII ZR 138/18

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10. Okt 2019
Härtefall bei Modernisierungsmieterhöhung

§ 559 Abs. 4 S. 1 BGB lautet: "Die Mieterhöhung ist ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.". Im konkreten Fall ließ die beklagte Vermieterin Dämmungsarbeiten an der obersten Geschossdecke und der Außenfassade durchführen, ersetzte die bisherigen Balkone durch größere Balkone mit einer Fläche von jeweils ca. 5 qm und nahm einen seit den 1970er Jahren stillgelegten Fahrstuhl wieder in Betrieb. Gegen die Mieterhöhungserklärung wandte der Mieter ein, dass die Mieterhöhung für ihn eine finanzielle Härte bedeute. Die Wohnung wurde im Jahr 1962 von den Eltern des Mieters angemietet. Der Mieter bezieht Arbeitslosengeld II. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil vom 09.10.2019 (Az. VIII ZR 21/19) zunächst fest, dass die Unangemessenheit einer Wohnungsgröße nicht isoliert nach einer bestimmten Größe für die jeweilige Anzahl der Bewohner bestimmt werden könne. Die Vermieterin vertrat die Ansicht, dass eine Härtefall schon deshalb nicht vorliegen könne, weil die Wohnung für den Mieter zu groß sei. Vielmehr komme es darauf an, ob die vom Mieter genutzte Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – etwa auch der Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seiner gesundheitlichen Verfassung - für seine Bedürfnisse deutlich zu groß sei. Hierzu habe das Berufungsgericht zutreffend als maßgeblichen Gesichtspunkt berücksichtigt, dass der Mieter schon seit dem Jahr 1962 und mithin seit rund 55 Jahren in der Wohnung lebe und ihm deshalb entgegen der Auffassung der Vermieterin nicht vorgehalten werden könne, dass er schon seit Beginn des Mietverhältnisses "über seine Verhältnisse" lebe.   Das Berufungsurteil wurde dennoch aufgehoben, weil keine ausreichenden Feststellungen zum Vorliegen der Ausnahmefälle des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB getroffen worden seien, bei deren Vorliegen ein Härteeinwand des Mieters gesetzlich ausgeschlossen sei. Liegen diese Voraussetzungen also vor, kann sich der Mieter von vornherein nicht auf einen Härtefall berufen. Die Regelungen lauten: "Eine Abwägung nach Satz 1 findet nicht statt, wenn 1.die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wurde, der allgemein üblich ist, oder 2.die Modernisierungsmaßnahme auf Grund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte.". Bezüglich der Modernisierungsmaßnahme "Vergrößerung der Balkone auf 5 qm" habe das Berufungsgericht keine tragfähigen Feststellungen zu der entscheidenden Frage getroffen, ob Balkone dieser Größe allgemein üblich, also bei mindestens 2/3 aller vergleichbaren Gebäude gleichen Alters unter vergleichbaren Verhältnissen in der Region anzutreffen seien. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ließe sich allein aus dem Umstand, dass der Berliner Mietspiegel einen Balkon ab 4 qm Fläche als wohnwerterhöhendes Merkmal einstufe, keine verlässlichen Schlussfolgerungen ziehen.  Hinsichtlich der Modernisierungsmaßnahme "Fassadendämmung" habe das Berufungsgericht verkannt, dass § 9 Abs. 1 EnEV dem Eigentümer im Falle der Erneuerung des Außenputzes an Fassadenflächen zwar vorgebe, Wärmedämmungsmaßnahmen durchzuführen, ihm aber eine Verpflichtung, den Außenputz zu erneuern, gerade nicht auferlege. Vielmehr stehe es regelmäßig im freien Belieben des Vermieters, ob und wann er eine Erneuerung des Außenputzes vornehme. Erst wenn er sich hierzu entschlossen habe, verpflichte ihn das Gesetz zur Einhaltung bestimmter Wärmedämmwerte.  § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB schließt den Härteeinwand des Mieters aber nur dann aus, wenn der Vermieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme nicht zu vertreten habe, sich ihr also aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften nicht entziehen könne. Es kommt daher darauf an, ob für den Vermieter eine Erneuerung des Außenputzes "unausweichlich" sei, etwa weil dieser aufgrund altersbedingten Verschleißes zu erneuern ist und sich der Vermieter zudem einem berechtigten Instandsetzungsbegehren des Mieters oder einer behördlichen Anordnung ausgesetzt sieht beziehungsweise die Beseitigung von Schäden dringend aus Sicherheitsgründen geboten ist. Nur im Falle einer solchen "Unausweichlichkeit" befindet sich der Vermieter in einer Zwangslage, die den Ausschluss des Härteeinwands des Mieters rechtfertigt. Das Urteil zeigt, dass die Parteien des Mietvertrages und auch die Gerichte sorgfältig prüfen müssen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Härtefallklausel für den Mieter vorliegen oder nicht. 

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