Hochzeitfeier: Hälftige Zahlung bei Corona-Absage
Das Amtsgericht Hannover hat mit Urteil vom 28.06.2021 (Az. 540 C 2255/21) einen Sachverhalt entschieden, bei dem die Parteien um die Zahlung von Miete für einen Veranstaltungsraum stritten, welcher für eine Hochzeitsfeier vorgesehen war, die aber vor dem Hintergrund der SARS-CoV-2-Pandemie nicht wie vorgesehen durchgeführt werden konnte.
In dem Anfang des Jahres 2019 geschlossenen Mietvertrag verpflichtete dich die Beklagte zur Zahlung einer Miete von € 2.450,00, um die Räumlichkeiten der Klägerin für eine Feier mit ca. 100 Gästen vom 26.09. auf den 27.09.2020 nutzen zu können. Am 27.03.2020 erklärte die Beklagte jedoch den Rücktritt vom Vertrag. Aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften war in dem von den Parteien vereinbarten Mietzeitraum die Durchführung einer Veranstaltung lediglich mit maximal 50 teilnehmenden Personen gestattet.
Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung der hälftigen Miete.
Keine Unmöglichkeit der Leistung
Das Gericht führt zunächst aus, dass für die klagende Veranstalterin keine Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB vorgelegen habe, weshalb sie nach § 326 Abs. 1 BGB auch nicht von der Entrichtung der Miete befreit sei.
Zwar sei im Vertrag festgehalten, dass 100 Gäste angemeldet seien. Obwohl die Durchführung von Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen im Mietzeitraum unstreitig gesetzlich verboten war, begründe dies keine Unmöglichkeit der Leistung der Veranstalterin. Die Leistung sei zwar verboten, aber nicht im Sinne der Vorschriften zur Unmöglichkeit ausgeschlossen gewesen. Denn eine Unmöglichkeit könne in objektiver Hinsicht eintreten, wenn die Leistung von niemandem erbracht werden kann oder in subjektiver Hinsicht, wenn allein der Schuldner aufgrund eines für ihn unüberwindbaren Hindernisses zur Leistung außerstande ist. Beides sei nicht der Fall gewesen.
Kein Mangel der Mietsache
Ein zur Minderung berechtigender Mangel der Mietsache liege nicht vor, da ein konkreter auf die Mietsache und ihre Beschaffenheit sowie Benutzbarkeit bezogener Umstand deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben müsste, was nicht der Fall gewesen sei. § 1 Abs. 5 der zum in Rede stehenden Zeitpunkt geltenden niedersächsischen Corona-Verordnung beziehe sich generell auf die Zusammenkunft von Personen, nicht aber auf die Beschaffenheit und Benutzbarkeit des Veranstaltungsraums.
Störung der Geschäftsgrundlage
Das Gericht stellt auf die Vorschrift des § 313 Abs. 1 BGB ab. Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage setze nach allgemeiner Auffassung voraus, dass sich eine bestimmte, nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobene, erkennbare Geschäftsgrundlage von den Parteien nicht vorhersehbar erheblich geändert habe, diese Änderung wenigstens eine Vertragspartei dazu veranlasst hätte, den Vertrag bei Kenntnis nicht bzw. nicht mit dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, und die Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien falle sowie ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten sei.
Soweit die vor dem Hintergrund der Pandemie in Kraft getretene Vorschrift des Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB widerleglich vermute, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert habe, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, beziehe sich diese Vermutung allein auf das tatsächliche Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB.
In dem vorliegenden Sachverhalt könne zwar letztlich dahinstehen, ob sich die Geschäftsgrundlage im Sinne der gesetzlichen Vermutung nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert habe, wenngleich dieses angesichts der alle Bereiche des sozialen und wirtschaftlichen Lebens beeinflussenden SARS-CoV-2-Pandemie anzunehmen sein dürfte. Denn eine Störung der Geschäftsgrundlage im vorgenannten Sinne ließe eine Vertragsanpassung dergestalt, dass die Beklagte nunmehr von jeder Leistungspflicht befreit wäre, für die Klägerin unzumutbar und objektiv unangemessen erscheinen.
Hiervon ausgehend erscheine allenfalls eine hälftige Teilung des sich mit der Pandemie realisierten Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete angemessen. Denn keine der Parteien habe die Pandemie mit den mit ihr einhergegangenen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen vorhersehen können; ihre erheblichen Folgen seien für beide Parteien überdies nicht zu beeinflussen.
So habe die Klägerin - als Vermieterin eines Veranstaltungsraumes - pandemiebedingt aufgrund geltender Kontaktbeschränkungen die erheblichen wirtschaftlichen Folgen ausbleibender Veranstaltungen bzw. von Veranstaltungsabsagen unvermeidbar zu tragen; die Beklagte habe ihrerseits bei Durchführung der Hochzeitsfeier eine Verringerung ihrer Gästezahl und Anpassung an die räumlichen Gegebenheiten der Klägerin, die Beachtung von Abstands- und Hygieneregeln sowie das Risiko einer kurzfristigen Veranstaltungsabsage im Fall einer sich etwaig verschärfenden Pandemie hinzunehmen.
Diese Belastungen seien jedenfalls gleichermaßen auf beide Parteien zu verteilen, eine alleinige Belastung der Klägerin, die letztlich ihre wirtschaftliche Existenz berühren würde, überzeuge nicht.